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User Researcher:innen haben das Zeug zum Unternehmer!

Unternehmerisch, gestaltend, visionär, strategisch denken und handeln:
Wer von Ihnen  ist Gestalter:in, Unternehmer, Unternehmerin, denkt strategisch, hat Visionen und formuliert sie? Wer von Ihnen arbeitet und handelt unternehmerisch und strategisch?

Es kommt drauf an! Worauf genau?
Vielleicht auf Ihre Rolle und Stellung im Unternehmen?
Das sollten Sie nicht zulassen.

Lassen Sie sich nicht in eine Ecke stellen, in die Sie nicht hingehören oder hingehören wollen. Bleiben Sie vielfältig und breit aufgestellt. Das gilt insbesondere für all jene, die die Rolle einer User Researchin, eines User Researchers inne haben.

Darf ich vermuten, dass viele von uns ….

  • UX Manager:innen, Journey Manager:innen“ UX Designer:innen, UX Architekt:innen, UX Engineers (w/m/d), UX Consutants (w/m/d), Produktinhaber:innen (POs) die Eigenschaften unternehmerisch, gestaltend, visionär, strategisch zuschreiben,
  • User Researcher:innen aber in der Regel nicht?

Wir alle haben das Zeug zum Unternehmer, zur Unternehmerin!

Wir sollten User Researcher:innen nicht pauschal als operativ handelnde Rolleninhaber:innen abgrenzen oder gar abstempeln.  Ich kenne keinen Grund, warum das so sein sollte: Warum User Researcher:innen nicht unternehmerisch, gestaltend, visionär, strategisch denken oder handeln sollten. Kennen Sie einen Grund?

Die richtigen Fragen stellen, die relevanten und dringlichen Themen im User Research angehen, Innovationen anstoßen, aus Daten zielführende, erfolgswirksame Maßnahmen und Entscheidungen ableiten, nicht einfach nur umsetzen was andere anfordern in Sachen „Forschung & Research“, stattdessen mitdenken, kritisch sein, gestalten, Fragen aufwerfen, Neue Wege aufzeigen, Zielvorgaben erreichen, geschäftliche Erfolge herbeiführen und darüber erzählen und berichten.

Ich kenne viele User Researcher:innen, die genau das täglich tun – und das ist gut so.

Wir haben so viele User Researcher:innen, die unternehmerisch denken und handeln – nur leider sprechen wir zu wenig mit und über sie!

Ohne User Research & UX Testing Wettbewerbsvorteile erzielen, geht das?

Wenn Märkte stagnieren, schrumpfen, sich konsolidieren, dann können Unternehmen ihren Wert halten und steigern, wenn sie aus  (Neu-)Kundensicht und im Vergleich zum Wettbewerb relevantere und bedeutsamere Vorteile bieten. Wenn sie:

Die richtigen Dinge gestalten – und diese richtig gut gestalten!

Produktinhaber:innen („Product Owner“) verantworten beides:

  1. Die richtigen Dinge gestalten.
  2. Die Dinge richtig gut gestalten.

Produktinhaber:innen sind insbesondere in schrumpfenden, stagnierenden Märkten gefordert beides bestmöglich und zugleich auf effiziente Art und Weise sicherzustellen.

Worauf kommt es in solchen Situationen an?

Auf unfassbar viel. Insbesondere auf Schnelligkeit im Handeln, einen Fokus auf das Wesentliche und im Ergebnis auf richtig gute Entscheidungen!

Alle im Team müssen nun jene Dinge tun, jene Aufgaben in den Fokus stellen, die sie richtig gut erledigen können und wollen.  Und alle müssen unternehmerisch denken und handeln. Das gilt für alle Teamrollen:

  • Die/den PO selbst,
  • Entwickler:innen,
  • Marktforscher:innen („Business Analysten“),
  • User Researcher:innen
  • UX Designer:innen.

Was bedeuten derartige Marktsituationen für UX Designer:innen? 

Ich fürchte jene Rolleninhaber:innen werden ihren Fokus auf UI Development / UI Design legen (müssen). Sie werden intensiver und direkter mit Entwickler:innen zusammen arbeiten. Das ist im Grundsatz ja nicht schlecht, diese enge Zusammenarbeitet, insbesondere dann, wenn die/der Rolleninhaber:in kompetent und genrealistisch aufgestellt ist.

Was wird in den Hintergrund treten?

Ich fürchte UX Testing und User Research werden „eingespart“: Weniger Zeit und Geld für die Analyse von Anforderungen und Bedürfnissen von Nutzenden und Kunden. Früh und oft testen – das wird weniger oft stattfinden, vielleicht ganz entfallen. Stattdessen werden immer mehr User Researcher:innen „Forschen am Schreibtisch“ betreiben (müssen). „Sekundäranalysen“ werden primärer, empirischer Forschung vorgezogen – jedenfalls dann, wenn wir das zulassen … .

Wenn Sie als User Researcher:innen es zulassen, dass Budget-Entscheidungen von Menschen getroffen werden, die den Wert und positiven Effekt von UX Testing und User Research auf den ROI ihres Unternehmens nicht kennen, weil Sie ihnen jenen nicht verdeutlicht haben!

Lassen Sie das nicht zu. Liebe User Researcher:innen, laßt das nicht zu:
Ihr alle habt das Zeug das zu verhindern.

User Reseacher:innen müssen unternehmerisch denken und handeln, müssen unternehmerisch auftreten, um ihre strategisch so relevante Rolle in Unternehmen zu finden oder zu halten!

Ohne UX Testing und User Research keine Wettbewerbsvorteile!

Kommen wir zurück zu dem, was von Produktinhaber:innen in wettbewerbsintensiven Märkten und Situationen erwartet wird: Die richtigen Dinge gestalten – diese Dinge richtig gut gestalten!

Ich frage mich, ich frage Sie: Wie soll das funktionieren, wenn UX Testing und User Research in den Hintergrund treten? Wenn Anforderungsanalysen und Tests eingespart werden? Wenn Sekundärforschung, wenn das „Forschen am Schreibtisch“ eigene Studien und Tests ersetzt?

Es geht einfach nicht!

Will man die richtige Entscheidungen gut treffen – und das muss man, will man die richtigen Dinge gut tun – und auch das muss man, dann braucht es Erkenntnisse auf der Basis von qualitativ hochwertigen Daten.

Wie werden aus Zahlen und Fakten Erkenntnisse für gute Entscheidungen?

Es braucht Daten (Zahlen & Fakten) aus einer Studie („primäre“ Datenerhebung), die das Erkenntnisinteresse (Untersuchungsfragestellung(en)) objektiv, zuverlässig und valide erfüllt.

Zeitdruck, Erkenntnisdruck und zugleich die Notwendigkeit Geld zu sparen!

Unter solchen Rahmenbedingungen wird „Forschen am Schreibtisch“ – Desk-Research, Sekundärforschung – nun einmal angesagt(er), wird empirischer Primärforschung öfter vorgezogen.

Normal, aber auch „gut so“?  

Forschen am Schreibtisch basiert meistens auf …

  • Daten aus eigenen, bereits durchgeführten (Primär-)Forschungen
  • Datenbanken – eigenen und eingekauften (z.B. Statistisches Bundesamt, Statista)
  • Daten, auffindbar beim Suchen im „World Wide Web“ (Internet).

Einfach mal machen – auch wenn’s nur zweite Wahl ist?

Beim Forschen am Schreibtisch werden vorhandene Zahlen und Fakten herangezogen, um Fragestellungen zu beantworten, die das Erhebungs- und Auswertungsdesign der Studien hinter den Daten nicht bestimmten.

Klingt kompliziert – das mit der Sekündarforschung?

Ja, ist es auch. Es braucht eine systematische, durchdachte Recherche-Strategie, jede Menge Erfahrung, darunter auch viel schmerzhafte, gezahltes Lehrgeld, aber selbst dann ist Sekundärforschung noch immer mit viel Unsicherheit behaftet, da …

  • keine auf die Fragestellung(en) zugeschnittene Datenerhebung erfolgte, was bedeutet: wenig Aussagekraft, viel Interpretationsspielraum.
  • oft keine tiefen Einblicke in das Erhebungs- und Auswertungsdesign der Studien gewährt werden, so dass die Qualität (Objektivität, Zuverlässigkeit, Gültigkeit) und Aktualität der genutzten Daten bzw. Studien hinter den Daten nicht immer bewertet werden kann.

Aber hey, ist denn die Arbeit mit ChatGPT & Co. nicht auch Sekundärforschung?

Im Prinzip schon. Aber deutlich einfacher und bequemer, unterstützender und kollegial mitdenkend, in der gewonnenen „Weitsichtigkeit“ deutlich weiter, tiefer und breiter, damit sicherer, aber auch mit generativer KI/AI Unterstützung gilt:

Forschen am Schreibtisch sollten Sie nur einsetzen, um …

  • Forschungsbedarfe und Forschungslücken zu erkennen,
  • Hypothesen zu entwickeln und darauf aufbauend
  • effiziente Primärforschung zu konzipieren.

Mit viel Sicherheit, dass Sie erforschen, wozu es noch keine Daten gibt und dass Sie beim Konzipieren Ihrer Studie(n) darauf aufbauen, was es an Erkenntnissen schon gibt.

Unternehmer, Stratege, Umsetzer (w/m/d): User Researcher:innen sind vielfältig!

Portraitfoto Thorsten Wilhelm

Thorsten Wilhelm

Liebe User Researcher:innen, lasst euch nicht in eine Ecke drängen. Und falls schon geschehen: Kommt da raus. Raus aus Ecken, in die ihr nicht hingehört, die euch abstempeln mit stereotypischen Eigenschaften, die ihr nicht wollt, die euch „unter Wert“ darstellen!

  1. Ihr werdet gebraucht, operativ handelnd und strategisch denkend.
  2. Ihr werdet gebraucht als Umsetzer:innen und  Gestalter:innen, Unternehmer:innen.

Als User Researcher:innen haben Sie, habt ihr eine Rolle, in der ihr unternehmerisch und strategisch handeln könnt – und ihr solltet das auch tun. Ihr habt das Zeug zur Unternehmerin, zum Unternehmer. Setzt es ein, insbesondere in Zeiten, in denen der Wettbewerb im Markt intensiv ist.

Und lassen Sie sich als User Researcher:in unter diesen Rahmenbedingungen nicht zu „Forscher:innen am Schreibtisch“ abdrängen. Auch nicht von neuen Technologien.

Forschen Sie gern weiter mit ChatGPT, YOU, Consensus, SciSpace & Co. „vor- und nachrangig“, aber bleiben Sie stets offen für eigene, empirische Studien und zeigen Sie diese begründet an, wenn sie Ihnen nötig erscheinen. Sie werden gehört werden, insbesondere dann, wenn Sie unternehmerisch denken, handeln, argumentiert, wenn Sie die Sprache einer/eines Unternehmer:in wählen.

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Digitale Barrierefreiheit: Einfach machen – Es könnte ja gut werden!

Wer barrierefrei gestalten will, der findet einen Weg. Wer das nicht will, der findet Ausreden.
Diese Aussage, angelehnt an das Buch von Raúl Aguayo-Krauthausen mit dem Titel „Wer Inklusion will, findet einen Weg. Wer sie nicht will, findet Ausreden!“, wird Matthias Blaß – mein Partner im Experten-Interview auf nutzerbrille.de – teilen und unterstützen.
Da bin ich mir fast zu 100% sicher.

Matthias Blaß hat in seinen Rollen als Product Owner und UX Professional schon viele Touren geplant und Wege eingeschlagen.
Wege die im Ergebnis zu erfolgreichen digitalen Produkten und Services führten. Erfolgreich sowohl im Sinne des Erreichens von vorgegebenen oder selbst gesetzten Zielen als auch im Sinne seiner Leidenschaft für barrierefreie Produktgestaltung.

Matthias Blaß, Produktowner und UX Professional im Portrait

Matthias Blaß, Product Owner & UX Professional seit 1998

Ich freue mich daher sehr, lieber Matthias, dass du mich und meine Leser:innen an deinen umfangreichen Erfahrungen teilhaben lässt.

2004 durfte ich das erste Mal von deinen Erfahrungen profitieren. Damals hast du als Gründer und Entwickler des ersten barrierearmen Seniorenportals Deutschlands (Lebensphasen(.)de) auf dem von der eresult GmbH ausgerichteten Usability-Kongress einen informativen und unterhaltsamen Vortrag zu den ThemenBarrierefreiheitund seniorengerechte Website-Gestaltung gehalten. Beide Themen waren damals für die meisten Teilnehmer:innen des Usability-Kongresses (noch) nicht besonders relevant – soweit ich mich noch erinnern kann.

Was war damals deine Motivation zu diesem Vortrag, welche (Kern-)Botschaft wolltest du als Missionar in Sachen barrierefreie Websitegestaltung teilen?

Matthias: Im Jahr 2002 traten sowohl das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) als auch die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV) in Kraft. Diese verpflichteten insbesondere die Bundesbehörden sowie öffentliche Verwaltungen zur digitalen Barrierefreiheit. Parallel dazu kam Anfang der 2000’er Jahre mal wieder ein Trend im Marketing auf:
Die Generation 50plus war plötzlich super attraktiv.

Zu der Zeit arbeitete ich als Projektmanager in Digitalagenturen und wir entwickelten fancy Kampagnen-Webseiten, vornehmlich mit einer sehr grafiklastigen und hochgradig animierbaren Technologie namens Flash. Das Hauptproblem für uns war zu der Zeit der sogenannte “Browser War”. Das bedeutete, dass man für den Internet Explorer und den Mozilla Firefox spezielle Anpassungen programmieren musste, weil die Browser wenig standardisiert waren. Das ist heute ja nicht mehr so, aber das war noch vor dem ersten iPhone oder Alternativen wie Googles Chrome.

Einfach machen – Es könnte ja gut werden!

Matthias: Mich hat es immer genervt, dass man aus visuellen (Verkaufs)Gründen so viel Aufwand betrieben hat. Ich war schon damals der Meinung, dass man solche Projekte vereinfachen können muss. Und als dann die Themen 50plus und Barrierefreiheit kamen, war das für mich die persönliche Motivation:

„Ich wollte zeigen, dass man visuell ansprechende und funktionale Webseiten auch einfacher und zudem maximal zugänglich erstellen kann!“

Ich bin ja kein gelernter Softwareentwickler. Ich kann HTML und CSS und einfachen Programmcode verstehen. Aber das hat damals genügt, um Templates für ein Content-Management-System zu entwickeln und das erste barrierearme Senioren-Portal ins Leben zu rufen.

Neben der einfachen Programmierung konnten die Nutzer:innen die Ansicht skalieren oder das Farbschemata ändern. Das Portal umfasste ein Online-Magazin, ein Forum, einen interaktiven Agenten, E-Card-Service und später sogar einen Online-Shop. Das Gesamtprojekt war weit davon entfernt wirklich barrierefrei zu sein. Aber ich wollte zeigen, dass man ansprechende Webprojekte für alle Zielgruppen anbieten kann. Daher lautete der Titel des Vortrags 2004 auf dem Usability-Kongress: Raus aus der Schublade behindertengerechter Webseiten.

Denn damals hieß es immer, dass barrierefreie Webseiten nicht gut aussehen würden. Deshalb hat das Thema meiner Meinung nach auch in der freien Wirtschaft kein Gehör gefunden.

Die Menschen und das Geschäft immer im Blick!

Seit 2004 ist viel geschehen. Du konntest deine Fertigkeiten und Kompetenzen weiter ausbauen.
Welche deiner zahlreichen Projekte, Herausforderungen und beruflichen Stationen haben deine Leidenschaft für barrierefreie, menschenzentrierte Gestaltung besonders geprägt und gestärkt? 

Matthias: Meine Leidenschaft für gute Usability und User Experience entwickelte sich hauptsächlich in den Jahren bei einer Bank. Dort war ich lange für die Conversion-Optimierung der Online-Antragsstrecken und später für die Entwicklung des Kundenportals (Online-Banking-Plattform) verantwortlich.

Das Thema (technische) Barrierefreiheit war allerdings nicht unser primärer Antrieb, sondern der ROI. Unser Anspruch war immer, die Landingpages und Prozessseiten so zu gestalten, dass es möglichst wenige Kauf-Abbrüche gibt. Und da mussten wir einfach den Menschen stärker in den Mittelpunkt setzen, um zu verstehen, wie dieser eine Webseite tatsächlich versteht und in unterschiedlichsten Situationen mit diversen Endgeräten nutzt.

Wir haben zu der Zeit unheimlich viel getestet und auch viel gelernt. Gerade in direkten Gesprächen mit den Nutzer:innen, sei es im Labor oder in Remote-Tests, erfährt man so viel über die digitalen Barrieren, vor denen sich Menschen wiederfinden. So zieht sich das Thema barrierefreie, menschenzentrierte Gestaltung seit Jahren durch meine beruflichen Stationen. Nicht immer mit dem Erfolg, den ich mir wünsche, aber ich merke, dass die Sensibilisierung dafür überall größer wird.

Digitale Barrierefreiheit: Jetzt wird es ernst!

20 Jahre nach deinem Vortrag auf dem Usability-Kongress in Göttingen ist das Thema „digitale Barrierefreiheit“ für viele (endlich) relevant und für nicht wenige inzwischen auch dringlich.Was sind die zentralen Gründe dafür, dass das Thema „digitale Barrierefreiheit“ heute, im Jahr 2024, für viele eine hohe Bedeutung hat? 

Matthias: Ehrlicherweise muss man konstatieren, dass die Gründe weder Altruismus noch Menschenliebe sind, sondern die verschärfte Regulatorik. Neben dem bereits seit 2002 geltenden Behindertengleichstellungsgesetz gibt es zahlreiche weitere Gesetze, die sich mit dem Thema Inklusion befassen. Das Ganze gipfelt in das am 22. Juli 2021 in Kraft getretene Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG), das am 28. Juni 2025 vollständig in Kraft tritt.

Und hier wird es jetzt interessant. Denn wurden 2002 nur Bundesbehörden und die öffentliche Verwaltung zur digitalen Barrierefreiheit verpflichtet, so betrifft es jetzt auch Wirtschaftsunternehmen. Und zwar in Form von Ordnungswidrigkeiten und Geldbußen bei Verstößen. Das kann bei Geldbußen durchaus bis zu 100.000 € gehen. Bei solchen Beträgen denkt der eine oder andere vielleicht noch lächelnd an seine Portokasse. Aber die Marktüberwachungsbehörden haben die Befugnis, die Bereitstellung des Produkts oder der Dienstleistung einzuschränken oder zu untersagen. Das bedeutet in letzter Konsequenz, dass bei einem nicht barrierefreien B2C Online-Shop, der mehrere Millionen Euro Umsatz im Jahr macht, im schlimmsten Fall der Stecker gezogen wird. Und das kann dann schnell existenzbedrohend werden.

Jetzt gibt es natürlich auch im BFSG wieder Ausnahmen und Einschränkungen und man kann sich fragen, wie das Ganze überhaupt überwacht werden soll. Hier sollte man aber den Markt nicht unterschätzen, denn der wird auch hier regelnd eingreifen. Ich denke an den nicht ganz so freundlich gestimmten Wettbewerber. Oder die Abmahnanwälte, die mit fehlendem Webseiten-Impressum kein Geld mehr verdienen. Und ich bin mir sehr sicher, dass nach 20 Jahren mäßigem Umsetzungserfolg durch Freiwilligkeit, der Regulator (in diesem Fall zuallererst die EU) die Ausnahmen und Einschränkungen nach und nach einkassieren wird. Ein Abwarten und Weitermachen wie bisher kann also teuer werden.

Es lohnt sich (wieder) groß zu denken!

Wer profitiert, neben Menschen mit Behinderungen, von einer barrierefreien Gestaltung digitaler Produkte und Services?

Matthias: Zunächst einmal, wie zuvor bereits erwähnt, ältere Menschen. Von den knapp 8 Millionen Menschen mit einer schweren Behinderung in Deutschland sind fast 80% älter als 55 Jahre. Laut Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) liegt die Kaufkraft der Generation 50plus bei über 720 Mrd. € pro Jahr. Eine nicht zu unterschätzende und weiterhin wachsende Zielgruppe.

Etwa 90% der Behinderungen sind “erworben” (etwa durch Krankheiten) und nicht “angeboren”. Das bedeutet, dass in Deutschland jeder heute “gesunde” Mensch künftig behindert werden kann. Zusätzlich muss man bedenken, dass man von einer schweren Behinderung erst ab einem Behinderungsgrad von über 50% spricht. Es gibt also sicher eine nicht unerhebliche Dunkelziffer an “leichten” Behinderungen.

Wenn wir Behinderungen meinen, sprechen wir in der Regel von permanenten Einschränkungen, z.B. dem blinden Menschen. Es gibt aber auch temporäre oder situative Einschränkungen. Bezogen auf digitale Barrierefreiheit sind damit z.B. der gebrochene Arm (temporär) oder das Baby auf dem Arm der Mutter (situativ) gemeint, die eine Bedienung einer Webseite oder App be- oder verhindern.

Ein kleiner Punkt, der aber sicher die budgetverantwortlichen Manager interessiert, ist, dass barrierefreie Webseiten per se suchmaschinenfreundlicher sind. Suchmaschinen sind also ebenfalls eine Zielgruppe. Man könnte also das SEO-Budget auch für eine AO (Accessibility Optimization) benutzen. Wir können einfach festhalten:

„Eine nicht barrierefreie Lösung behindert nur etwa 10% der Deutschen. Eine barrierefreie Lösung hilft dagegen allen. Heute und in Zukunft.“

Welche grundlegenden (Gestaltungs-)Prinzipien sollten UX Designer:innen beachten, wenn sie in einem Produktentwicklungsprozess von Beginn an Barrierefreiheit mitdenken und mitgestalten wollen?

Matthias: Ganz wichtig ist das Credo, das sicher alle UX’ler verinnerlicht haben:

„You are not the user!“

Das ist bei Nutzer:innen mit Behinderung noch viel wichtiger. Hier helfen z.B. auch Personas mit Beeinträchtigungen. Ich mag auch den Begriff “Inclusive Design”. Der ist noch stärker als “Universal Design”. Zumal Inklusion heute ein gängiger Begriff ist und die meisten damit etwas anfangen können.

Wir reden im UX-Umfeld häufig von einer systematischen Verzerrung der Wahrnehmung (Bias). In diesem konkreten Fall ist der Visual Bias für UX Designer:innen wichtig. Normalerweise gestalten wir als Sehende für Sehende. Selbst beim Blick auf einen Low-fi Wireframe “sehen” wir sofort, wie die Nutzerführung gemeint ist. Hier hilft es schon, wenn man sich vorstellt, wie ein Screenreader vorgehen würde, der nicht „sieht“, wo z.B. ein Call-to-Action positioniert ist.

Ansonsten eigentlich alles, was per se eine gute User Experience ausmacht:

  • Eine klare Informationsarchitektur und -hierarchie (Sektionen, Überschriften),
  • hohe Kontraste für Schriften und grafische Elemente (Farben),
  • Mindestgrößen für Schriften oder klickbare Elemente (speziell für Mobile),
  • Konsistenz (Seiten- und Geräteübergreifend),
  • Unnötiges weglassen (Overlays, separate Browsertabs),
  • einfache verständliche Sprache.

Und zu guter Letzt die komplette User Journey im Blick haben. Also woher kommt der User (mit einer Behinderung) und was passiert nach dem Kauf (ist die Bestätigungsmail auch barrierefrei?). Hier zeigt sich auch, dass ein inklusives oder universelles Design nicht nur Aufgabe der UX Designer:innen ist, sondern dass alle am Produkt Beteiligten ein entsprechendes Verständnis entwickeln müssen.

Ist deine Website barrierefrei? – Finde es heraus!

Lass uns den Blick auf vorhandene, digitale Produkte und Services richten. Zum Beispiel einen Online-Shop für Möbel, die Website eines Ferienhotels in den Alpen oder die Website einer Versicherung, die Zahnzusatzversicherungen anbietet. Welche Möglichkeiten haben Betreiber:innen derartiger Websites, um einen (automatisierten) Accessibility Quick-Check durchzuführen, um die zentralen Barrieren ihrer Websites zu erkennen?

Matthias: Am einfachsten und schnellsten geht es mit Accessibility-Plugins für die gängigen Browser. Diese gibt es für spezielle Barrieren wie z.B. Farbkontraste oder die Simulation von Fehlsichtigkeiten (Rot-Grün-Schwäche) oder auch für umfassendere Tests auf Basis der Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) des World Wide Web Consortiums (W3C).

Die Entwicklertools der Browser selbst haben auch einfache Reports für Barrierefreiheit integriert. Man kann seine Seiten auch anhand der WCAG oder BITV-Checklisten manuell prüfen. Viele Prüfpunkte kann man tatsächlich hands-on prüfen, z.B. ALT-Tags von Bildelementen. Oder man versucht einfach mal mit der Tastatur durch seine Webseite zu navigieren. Diese Quick-Checks helfen bei der schnellen Evaluation des Status Quos.

Welche weitergehenden Analysen sind ratsam, um den Grad der Erfüllung bzw. Nicht-Erfüllung von  Anforderungen an digitale Produkte oder Services aus dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz festzustellen?

Matthias: Die zuvor genannten Tools arbeiten in der Regel Checklisten ab und listen Regelverletzungen auf und geben Empfehlungen ab. Sie gehen aber nicht situativ auf Besonderheiten ein, z.B. die Nutzung von assistiven Technologien wie einem Screenreader.

Für mobile Applikationen oder auch Rechner gibt es bereits im Betriebssystem installierte Hilfsmittel, die man für weiterführende Analysen nutzen kann. So bieten Apple mit VoiceOver, Android mit Talk Back oder Windows mit Narrator einen kostenlosen Screenreader an, mit dem man seine Webseiten oder Apps selbst testen kann.

Des Weiteren gibt es professionelle Tools, die man zur Analyse nutzen kann und die man inhouse auch mit entsprechendem Know how für automatisierte Tests nach den Standard-Checklisten nutzen kann. So etwas hat den Vorteil, dass man diese Tests über APIs in die normalen QS- und Entwicklungs-Prozesse seiner CI/CD-Pipeline integrieren kann.

„Der Gold-Standard ist dann sicherlich, wenn Menschen mit Behinderungen in die Tests eingebunden werden!“

Denn wie in den gewohnten UX-Tests erfährt man so noch wesentlich mehr aus der Nutzerbrille, wie assistive Tools tatsächlich helfen und wo auch diese an ihre Grenzen stoßen.

Welche Fertigkeiten und Kompetenzen sind nötig, um einen Konformitätstest durchzuführen?

Für die Durchführung selbst sollte man mit der Nutzung von Online-Tools vertraut sein. Mehr bedarf es eigentlich nicht.

Viel wichtiger ist allerdings die Auswertung solcher Tests. Hier sollte ein grundlegendes Verständnis vom technischen Aufbau einer Webseite oder einer App vorhanden sein, um die Ergebnisse der Checks bewerten und entsprechende Maßnahmen ableiten zu können. Wer nicht weiß, was ein ALT-Tag ist, oder warum eine klare Inhaltsstruktur oder Hierarchie der Überschriften (H1-Hx) wichtig ist, oder wie die Kontrastverhältnis zu interpretieren sind, versteht die Testergebnisse möglicherweise nicht wirklich.

Das große Ganze stets im Blick: Menschen, Geschäft, Technologie!

Du hast in deinem Berufsleben verschiedene Rollen innegehabt, durftest verschiedene Positionen begleiten und konntest vielfältige Kompetenzen aufbauen und Erfahrungen sammeln. Du vereinst inzwischen die Kompetenzen von 3 Berufsgruppen in dir:

  • UX Professional
  • Product Owner
  • Entwickler.

Das ist außergewöhnlich – ganz sicher nicht die Regel. Die Regel ist: Jede der genannten Rollen wird in Unternehmen von unterschiedlichen Personen eingenommen. In einer solchen Situation, in einem solchen Kontext stellt sich mir die Frage: Was ist zu beachten, worin bestehen Stolperfallen, und wie kann man sie umgehen, wenn ein/-e UX Designer:in Barrierefreiheitstests und Konformitätsanalysen durchführt und im Anschluss „Arbeitsaufträge“ an Entwickler:innen formuliert?

Matthias: Meine Expertise als “Entwickler” habe ich eingangs ja bereits relativiert. Trotz allem hat mir dieses Wissen immer dabei geholfen, zu verstehen, wie eine Webseite sowohl technisch als auch visuell aufgebaut ist und für den User funktioniert. Auch die Fähigkeit, Komplexitäten und die damit verbundenen Aufwände einzuschätzen, sind hilfreich. Gleiches gilt für das Verständnis der Aufgaben eines POs (Business Fokus) und UX’lers (User Fokus).

In einer einfachen, idealisierten Welt reicht ein/-e UX Designer:in das Ergebnis eines Tests an das Entwicklungsteam weiter und überprüft nach der Umsetzung mit den Test-Tools erneut das Ergebnis. Nach ein paar Iterationen ist alles erledigt, das Produkt barrierefrei und alles gut. Job erledigt, nächstes Projekt. Schöne heile Welt.

Wir wissen aber, dass es in der Realität anders aussieht. Die UX’ler formulieren nicht einfach die Arbeitsaufträge. Diese müssen meistens mit dem internen oder externen Entwicklungsteam sowie dem PO verhandelt und priorisiert werden. Hier sind gute Kommunikationsfähigkeiten sowie das zuvor genannte technische Verständnis von Vorteil. Ein gutes Verständnis der Zusammenhänge hilft auch, um beim Gegenüber ein besseres Verständnis zu erzeugen, weshalb man die Änderungen vornehmen muss.

Lass uns zum Schluss noch auf User Tests mit Menschen mit Beeinträchtigungen eingehen. Expertenbasierte Konformitätstests sind – so meine Erfahrung – zielführend und besonders wertvoll, wenn die Expert:innen assistive Tools und Technologien, wie z.B. Screenreader, bei ihren Analysen einsetzen.
Welche zusätzlichen Vorteile bieten Tests mit Menschen mit Beeinträchtigungen?

Matthias: Aus meiner Sicht ist der größte Vorteil, dass z.B. der Nutzer eines Screenreaders in der Regel mit diesem Tool vertraut ist. Er weiß dann, wie er es in seiner gewohnten Umgebung und mit seinen Devices nutzen muss. Oder eben auch nicht, dann ist ein Screenreader eben auch kein Allheilmittel. Man schaltet ihn nicht einfach ein wie ein Radio und schon hört man alles wie gewünscht. Diese Tools bedürfen einer Konfiguration.

Oder nehmen wir Videos. Idealerweise stellt man Transkripte zur Verfügung. Heute vermutlich oft automatisiert mittels KI. Job erledigt? Die pure Transkription eines komplizierten Videos macht den Inhalt zwar „konsumierbar“, aber dadurch noch lange nicht für Menschen mit Ausprägungen von Autismus “verständlich” (Stichwort leichte oder einfache Sprache).

Idealerweise versucht man ein breiteres Spektrum an Beeinträchtigungen abzubilden.

„Wenn man bei klassischen UX-Tests bereits ab 5-7 Usern wertvolle Ergebnisse erhält, rekrutiert man für Barrerefreiheitstests 5-7 Menschen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen.“

Menschenzentriert gestalten: Empathie ist gut, testen ist besser!

Ich habe schon seit meinem Studium der Betriebswirtschaftslehre und Wirtschaftspsychologie (1992-1997) den bisher noch immer unerfüllten Wunsch einen „Alterssimulationsanzug“ zu tragen: Mit Gewichten beschwerte Kleidungsstücke, Handschuhe die das Greifen von Gegenständen erschweren, klobige Schuhe die das Laufen zur Tortur machen und Brillen die Sehschwächen herbeiführen sollen dabei helfen, dass „junge Menschen“ sich in hochbetagte Menschen hineinversetzen können.

Wie bewertest du diesen Ansatz im Kontext der Zielsetzung, Produkte für Menschen mit Beeinträchtigungen (besser) zu gestalten? Und: Hattest du schon einmal die Gelegenheit einen solchen Anzug zu tragen?

Matthias: Leider hatte ich auch noch keine Gelegenheit, einen solchen Anzug zu tragen. Für mich beginnt die Simulation einer Sehschwäche mit dem Ablegen meiner Brille. Aber Spaß beiseite.

UX Designer:innen verstehen es, sich empathisch in den User zu versetzen. Im Kontext der Barrierefreiheit müssen wir aber noch eine Schippe drauflegen, weil wir die Auswirkungen der meisten Beeinträchtigungen zwar verstehen, aber eben nicht erleben oder fühlen können.

Das Beispiel der Alterssimulation ist hier ein toller Ansatz. Aber anstatt für jede Beeinträchtigung eine Simulation zu bauen, kann man einfach seine Testprobanden entsprechend rekrutieren und sich neben sie setzen. Wenn man dann die Probleme besser verstanden hat, ist man auch in der Lage, inklusive Produkte zu gestalten.

Zum Schluss, das müssen wir noch klären: Kannst du die folgende Aussage bestätigen und unterstützen, wie von mir einleitend angenommen?
Wer barrierefrei gestalten will, der findet einen Weg. Wer das nicht will, der findet Ausreden!

 Matthias: Absolut!

„Eine barrierefreie Gestaltung ist ja nicht unmöglich. Sie muss aber vor allem gewollt und idealerweise in der Strategie verankert werden.“

Wer sich ernsthaft damit auseinandersetzt, baut keine technischen Schulden auf, reduziert künftige Aufwände und skaliert seine Zielgruppe ganz automatisch um mindestens 10%. Dafür lohnt es sich doch, einen Weg zu finden, den man stetig in Richtung Ziel beschreitet.

Vielen Dank, lieber Matthias, für dieses Schlusswort und deine Einstellung.
Ich hoffe sehr, dass du noch viele Menschen, Teams und Unternehmen dabei unterstützen wirst barrierefreie und nachhaltige, digitale Lösungen für alle Menschen, für unsere Gemeinschaft und für ein menschenfreundliches Klima, von dem wir alle abhängig sind, zu entwickeln.

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Synthetische Nutzer: Von der Nutzung, über die Begeisterung, zum Verstehen!

Ich mag es sehr: Schnacken mit einem synthetischen Nutzer, einer synthetischen Nutzerin, die/der (Ziel-)Personen einer (Ziel-)Gruppe vertreten. Ich bin begeistert über das Erlebnis an sich, über die Möglichkeiten; darüber was ich (dazu-)lerne, erfahre und welch vielfältige, neue Fragestellungen und Thesen ich beim Chatten mit synthetischen Nutzer:innen („KI-Persona“) entwickele.
Fragestellungen und Thesen, die in nachgelagerten User Research Projekten erforscht werden können, ja sogar müssen. Tut man das nicht, dann bleiben falsche KI-Annahmen verborgen, dann können (empirisch) zutreffende KI-Annahmen nicht erkannt werden.

Meine Erfahrungen mit KI-Persona bringen mich zu der Erkenntnis (die noch eine These ist):

Synthetischer Nutzer, die (Ziel-)Personen einer (Ziel-)Gruppe vertreten („KI-Persona“), werden den Persona-Ansatz aufwerten und zu mehr (primären, empirischen) User Research Projekten führen! 

Synthetische Nutzer im UX Design – nutzen ist Pflicht, verstehen ist Kür!

Für mich –  UX Designer  der Generation „Golf“, der mit dem C 64 „groß geworden“ ist und das Internet während seines BWL- und Wirtschaftspsychologiestudiums kennenlernte – ist es nicht einfach wirklich zu verstehen, wie Large Language Models funktionieren und wie sie darauf hinwirken, dass ich so viel Begeisterung für synthetische Persona entwickele. Ich lerne jeden Tag dazu, noch brauche ich aber Menschen, die mich dabei unterstützen sinnvolle und zielführende Eingaben („Prompts“) zu tätigen, die genügend, zielführende Informationen und Kontexte liefern, damit ich ein optimales Ergebnis beim Prompten erziele.

Ich freue mich sehr, dass ich Marius Jahrens, einem leidenschaftlichen Bio- und Neuroinformatiker,  kennenlernen und ihm heute einige Fragen stellen durfte. Fragen, die hoffentlich auch für Sie, lieber Leser:innen von Nutzerbrille, interessieren.

Lieber Marius, vielleicht stellst du dich selbst kurz vor:
Wer bist du, was machst du, wie viel deiner Arbeitszeit setzt du ein für „Prompt Engineering“?

Marius Jahrens

Marius: Ich schaffe neues Wissen am Institut für Neuro- und Bioinformatik an der Universität Lübeck und arbeite seit einigen Jahren im Bereich KI-Reasoning, also an Methoden um lernenden Algorithmen logisches Denken, Schlussfolgern und Argumentieren beizubringen.
Mit den Erfolgen von ChatGPT & Co., und dem damit einhergehenden Interesse Sprachmodelle intelligenter zu machen, hat sich ergeben, dass KI-Reasoning vermehrt in natürlicher Sprache stattfindet.

Prompt Engineering macht eigentlich nur einen kleinen, aber aktuell leider (!) noch notwendigen Teil meiner Arbeit aus. Dass ich das auch außerhalb meiner Forschung mache (Anmerkung: Marius ist Mitgründer und CTO von AURI Consult) hängt damit zusammen, dass großer Bedarf und hohe Nachfrage daran besteht Sprachmodelle praktisch einsetzbar zu machen – beispielsweise beim Optimieren der Effizienz von Geschäftsprozessen.
Die technischen Hintergründe zu kennen ist dabei von großem Wert und stellt einen riesen Vorteil dar, weil viele Schwächen und Probleme der Sprachmodelle sich intuitiv mit deren Architektur und Trainingsverfahren in Verbindung bringen lassen, und die wiederum Aufschluss darüber geben, was am Prompt zu ändern ist.

Neuro-Informatiker aus Leidenschaft – Prompt Engineer wider Willen!

Lieber Marius, Vielleicht hilfst du meinen Leser:innen mit grundlegenden Informationen: Was genau macht ein „Prompt Engineer“ und was sind typische Tätigkeiten dieses recht neuen Berufsbildes?

Marius: Prompt Engineering befasst sich damit wie eine Eingabe für ein Sprachmodell – beispielsweise ChatGPT – oder einen Bildgenerator – wie beispielsweise Midjourney – formuliert sein muss, damit das Ergebnis den Vorstellungen des Benutzers entspricht. Der Benutzer weiß in der Regel was er möchte, nur ist die Frage wie man dies der KI so vermittelt, dass sie die Intention des Benutzers richtig „versteht“.

Das kann etwa dadurch begünstigt werden, indem man eine hypothetische Situation beschreibt, in der die Anfrage gestellt wird, sodass die KI sie mit Begriffen aus dem richtigen Kontext assoziiert. Oder man weist dem Chatbot eine Rolle zu, sodass die Antwort aus der Perspektive einer Person mit bestimmten Fachkenntnissen oder in einem bestimmten gesellschaftlichen oder beruflichen Umfeld geschrieben ist. Das wirkt sich nicht nur auf die Formulierungen aus, die das Sprachmodell verwendet, sondern auch auf den Inhalt, und damit den Nutzen den die Antwort bietet.

Ein Prompt Engineer hat die Aufgabe genau diese Vermittlung zwischen Benutzerintention und KI-Verständnis zu vollbringen, und das ggf. auch für Benutzereingaben, die zum Entwicklungszeitpunkt dem Prompt Engineer noch nicht vollständig, also nur recht grob, bekannt sind.

Synthetische Nutzer mit der Brille eines Neuro-Informatikers betrachtet!

Lieber Marius, wir haben uns kennengelernt im Kontext der Thematik „KI-Persona“ oder „synthetische Nutzer“. Ich habe von dir bereits viel gelernt, u.a. wie man ChatGPT „füttert“, damit man sich mit einer Persona unterhalten kann, und wie man die Protokolle aus einem Chat nutzen kann, um sinnvolle, ja nötige, nachgelagerte User Research Projekte abzuleiten.
Magst du meinen Leser:innen kurz und mit deiner Erfahrung als Bio- und Neuro-Informatiker erläutern, was „synthetische Nutzer“ sind, und wie man jene im Grundsatz „erzeugen“ kann?

Marius: Synthetische Nutzer:innen sind einfach gesagt Chatbots, die exemplarisch Individuen oder repräsentativ Gruppen, verkörpert durch eine:n Repräsentant:in, als Rolle einnehmen.
Damit sollen UX Designer:innen nicht nur „aus der Distanz“ über Nutzergruppen etwas erfahren, sondern in „persönlichen“ Kontakt treten können, um quasi aus erster Hand zu hören, was ihnen wichtig ist. welche Wünsche und Anforderungen sie haben, was sie in ihrem Leben beschäftigt und wie sich das Produkt oder der Service in ihren Alltag einfügt.

Grundlage für synthetische Nutzer sind bestenfalls Nutzerstudien. Jenen Daten kann man dazu verwenden eine Persona-Card je Nutzergruppe zu erstellen und diese dann als Rollenbeschreibung für die KI verwenden. Man kann die detaillierteren Informationen und Daten aus Nutzerstudien auch zur Verkörperung zufällig ausgewählter Nutzer:innen einsetzen, ebenfalls als Rollen für die KI, nur dann mit Fokus auf Einzelnutzer statt auf Gruppenrepräsentanten.

Das Prompt Engineering nimmt dabei eine wichtige Rolle ein, denn selbst wenn die Beschreibung der zu verkörpernden Persona vorhanden ist, existieren noch viele näher zu beschreibende Freiheitsgradem wie etwa die Situation in der sich das Gespräch abspielt, die Beziehung zum Gesprächspartner, vor welchem Hintergrund das Gespräch stattfindet und über welchen Kommunikationskanal – sprich, soll es wie ein persönliches Gespräch in Person sein, oder wie ein förmlicheres Gespräch per E-Mail, oder soll es eher den Charakter von Kurznachrichten über einen Instant-Messenger haben?
Und für Prompt Engineers ebenfalls sehr wichtig zu beachten: Welche Details kann man objektiv beschreiben und welche muss man beispielhaft „vorspielen“, damit die KI sie annimmt?

Lieber Marius vielen Dank für diesen Blick auf synthetische Nutzer mit deinen Erfahrungen als Neuro-Informatiker.
Welchen zentralen Tipp, welchen zentralen Hinweis kannst du UX Designer:innen geben, damit sie richtig „prompten“? 

Marius: Gerade wenn es um logische und weniger um kreative Problemstellungen geht würde ich sagen, wann immer möglich Probleme in kleine Einzelschritte aufteilen.
Je mehr man Sprachmodelle einen gut strukturierten Lösungsweg entlang führen kann, desto robuster die Ergebnisse.

Prompt Engineering – eine Tätigkeit mit geringer Halbwertzeit!

Sag mal, Marius, bei all deiner Erfahrung, die du hier preisgibst, deinen vielfältige Fertigkeiten: Wie bist du auf die Idee gekommen als Unternehmer tätig zu sein? Ist es nicht so, dass du als Neuro-Informatiker und „Prompt Engineer“ (ein wenig „wider Willen“) am Arbeitsmarkt viele attraktive und hoch dotierte Job-Angebote bekommst?

Marius: Ich denke nicht, dass Prompt Engineer als Beruf lange existieren wird. Die Vermittlung zwischen Nutzerintention und KI ist nur deshalb notwendig, weil KI noch nicht ausreichend eigenständig die Intention des Benutzers erfasst oder die richtigen Rückfragen stellt, um Unklarheiten zu beseitigen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis diese Schwäche behoben ist.
Und es gibt sehr viel ungenutztes Potenzial, selbst mit den Schwächen die die aktuellen KI-Modelle noch haben. Ich sehe einen sehr viel größeren Wert darin, dieses Potenzial nutzbar zu machen und andere Unternehmen dabei zu unterstützen.

Wie bildest du dich auf deinem Fachgebiet weiter – gibt es Fort- und Weiterbildungen an Hochschulen, zertifizierte Lehrgänge und nutzt du Meet-Ups, (Fach-)Kongresse und Barcamps zum Ausbau deiner Fertigkeiten?

Marius: Es gibt viele Angebote zu dem Thema, aber bei mir sind es vor allem die wissenschaftlichen Veröffentlichungen die ich verfolge und regelmäßig studiere.

Können synthetische Repräsentanten von „einem selbst“ bei der Urlaubsplanung helfen?

Zum Schluss noch etwas „privates“: Wir planen gerade unseren (Familien-)Urlaub. Wir haben verschiedene Ziele zur Wahl und wissen wo es uns in der Vergangenheit gut gefiel (und wo nicht). Könntest du uns helfen einen neuen Urlaubsort zu finden, einen Ort, der mich, meine Frau und Kinder begeistert?

Ich stell mir das – ausgestattet mit meinen Erfahrungen mit „KI-Persona“ – laienhaft so vor: Wir legen jeden von uns als „synthetischen Nutzer“ an, beschrieben mit unseren Präferenzen, Wünschen und Anforderungen an Urlaube und Urlaubsorte. Nun lassen wir unsere „synthetischen Vertreter:innen“ an jene Orte virtuell reisen, lassen sie anschließend miteinander diskutieren, mit dem Ziel eine bestmögliche Konsenslösung für den kommenden Urlaubsort zu finden. Geht so etwas?

Marius:  Möglich wäre das sicherlich, wenn auch aufwändig. Als Pragmatiker würde ich die Lösungsstrategie etwas lenken um zu verhindern, dass sich die KI „verrennt“.
So könnte man erstmal die KI dazu nutzen für jeden eine Kandidatenliste zu erzeugen mit Urlaubszielen, die den persönlichen Kriterien entsprechen. Und dann schrittweise KIs, die die Interessen der Anderen vertreten, die Listen filtern oder um Gegenargumente zu den Vorschlägen erweitern lassen.

Vielen Dank Marius für diese Inspiration und deine wertvollen Gedanken, das Teilen deiner Erfahrungen. Ich freue mich sehr darauf gemeinsam mit dir weiter aufzuklären wie synthetische Nutzer funktionieren, welche Chancen sie bieten, aber auch welche Grenzen und Gefahren es gibt. Das stets mit dem Ziel „KI-Persona“ zu etablieren und dazu beizutragen, dass immer mehr UX Designer:innen research-basiert und menschenzentriert gestalten dürfen.
Und ich hoffe sehr, liebe Leser:innen, wir konnten mit diesem Interview einen kleinen Beitrag dazu leisten.

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Generationsübergreifende Gruppen-Co-Workation für UX Designer:innen: Wenn nicht jetzt, wann dann?  

Geboren 1967, seit 1997 in die UX Branche tätig, in 6 Jahren 63 Jahre alt – und dann?
Wahrscheinlich im verdienten, beruflichen Ruhestand. Vielleicht auf dem Weg Neues zu wagen.
Oder weiter tätig als freie Berater:in in der UX Branche, vielleicht als Teilgebende und Teilnehmende an einer Gruppen-Co-Workation für UX Designer:innen?

Mich persönlich treiben diese Fragen um. Ich wünsche mir sehr, dass die UX Professionals (w/m/d) der „Boomer Generation“ uns noch lange erhalten bleiben. Ich wünsche mir sehr, dass sie auch im Jahr 2030 und darüber hinaus andere für menschenzentriertes, nachhaltiges Gestalten begeistern und befähigen.

Zurück in die Gegenwart. 2024. Immer mehr Veranstaltungen finden wieder in Präsenz statt. Sie sind gut besucht und die Festivals unserer Branche, insbesondere das UX Festival in Erfurt, können sich über viele Teilgebende, Teilnehmende, können sich über eine enorme Nachfrage freuen. Und dennoch stellt sich mir die Frage: Tun wir eigentlich genug, damit erfahren UX Professionals (w/m/d) Wissen und Erfahrungen teilen können?

Sie sind da: UX Professionals (w/m/d) und User Researcher:innen mit 30 Jahren Berufserfahrung!

30 Jahre, wow! – das entspricht einer Generationsperiode.

Mich beeindruckt, begeistert diese Tatsache enorm. Mich macht diese Tatsache aber eben auch etwas nachdenklich. Positiv nachdenklich. Für mich ist die UX Branche stets eine „junge Branche“ gwesen. Das darf sie auch gern ewig bleiben. Dennoch müssen wir uns der neuen Tatsache bewusst sein:

„Wir werden in den kommenden Jahren immer mehr Menschen (an-)treffen, die 30 Jahre (Berufs-)Erfahrungen mit research-basiertem UX Design haben. Menschen, die seit 30 Jahren dazu beitragen, dass Produkte und Services menschenzentriert und nachhaltig gestaltet werden!“

30 Jahre Lebens- und Berufs-Erfahrung sind äußerst wertvoll:

  • Für die/den einzelnen,
  • deren/dessen Arbeitgebenden – seien es nun anstellende Unternehmen oder beauftragende Kunden,
  • die UX Community, die gesamte Gesellschaft und für
  • weniger (berufs-)erfahrenen UX Professionals (w/m/d), die sogenannten Young UX Professionals (w/m/d).

Tragen wir dafür Sorge, dass generationsübergreifender Wissenstransfer stattfindet!

Ich bin der Meinung, dass wir das unbedingt tun sollten, und dass jetzt, im Jahr 2024, ein idealer Zeitpunkt dafür gegeben ist: Wir sind, Dank den begeisternden, spannenden und herausragenden Möglichkeiten von KI / AI in einer Zeit des technologischen Umbruchs, der unsere Branche, unser Handeln und unsere Wertbeiträge für die Gesellschaft massiv verändern wird. Jene goldenen Zeiten sind ideal, um einen generationsübergreifenden Austausch, um das Teilen von Wissen und Erfahrungen zwischen den Generationen, also in beiden Richtungen, aktiv zu (be-)fördern.

Was wir dazu brauchen: Zeit, Räume, Orte und Gelegenheiten zum tiefen, zum moderierten und organisierten kollegialen Austausch zwischen Vertreter:innen unterschiedlicher Generationen.

Mein Angebot: Generationsübergreifende, überbetriebliche Gruppen-Co-Workations!

Die heute vorhandenen und etablierten Formate formaler und nicht-formaler Weiterbildung reichen für den großen, generationsübergreifenden Wissenstransfer bei Weitem nicht aus.

Ich wünsche mir, dass es (berufs-)erfahrenen Menschen unserer Branche leichter gemacht wird Wissen, Erfahrungen und „Geschichten“ zu teilen. Ich wünsche mir neue Formen der Fort- und Weiterentwicklung, an denen Menschen aus unterschiedlichen Generationen gezielt zusammengeführt werden, um sich gegenseitig zu bereichern.

Dazu braucht es Ideen und mehr Angebote, die erfahrene UX Professionals (w/m/d) aus der Boomer- und Generation X („Golf“) motivieren an Weiterbildungen teilzunehmen. Und was motiviert mehr, als sein Wissen und seine Erfahrungen weiterzugeben? Diese Motivation ist in allen Generationen vorhanden. Es scheitert nicht an den Menschen, die generationsübergreifen Wissen teilen wollen, es scheitert an den Angeboten!

Aber auch hier gilt, wie so oft: Ausnahmen bestätigen die Regel. Es gibt sie schon, wenn auch nur wenige:
Durchdachte und erfolgreiche, betriebsübergreifende Mentoring-Programme, wie beispielsweise das Mentoring-Programm der German UPA.

Mentoring-Programme = ideale Plattformen für generationsübergreifenden Austausch!

Der Berufsverband der UX/Usability-Professionals – kurz: German UPA – bietet seit dem Jahr 2020 ein Mentoring-Programm. Das Programm richtet sich an Studierende, junge Berufseinsteiger:innen (User Researcher:innen, UX Designer:innen), Quer-Einsteiger:innen und erfahrene UX Professionals (w/m/d), die sich einen gegenseitigen Austausch „auf Augenhöhe“ wünschen.

Die Themen der kollegialen Beratung sind vielfältige, werden vom Tandem Mentee / Mentor:in ebenso bestimmt, wie die Häufigkeit und Dauer der Austauschtermine. Man trifft sich in der Regel einmal pro Monat, oft virtuell, in der Regel für 2-3 Stunden.
Ein erfahrenes Team der German UPA organisiert den Bewerbungsprozess, bewirbt das Programm und bildet die Tandems. Die Mentor:innen tauschen sich untereinander aus, teilen Tipps und Erfahrungen zur Gestaltung der Austauschtermine.

Ich finde dieses informelle Weiterbildungs- und Weiterentwicklungsprogramm wundervoll – und bin begeistert vom Erfolg der Möglichmacher:innen, denen es jedes Mal wieder gelingt 20 Tandems und mehr zu bilden.

Für mich ein Best Practice für einen gezielten, generationsübergreifenden Wissenstransfer.
Und ein Impuls, um über weitere Formate nachzudenken.

Wie gefällt Ihnen die Idee einer generationsübergeifenden Gruppen-Co-Workation?

Mentees und Mentor:innen aus verschiedenen Unternehmen leben, lernen und arbeiten eine Woche lang an einem Ort. Sie tauschen sich aus, bieten in thematischen Fachzirkeln kollegiale (Fall-)Beratung, sprechen 1zu1 beim „Walk & Talk“ über aktuelle Herausforderungen und bieten sich untereinander Impulsvorträge zu relevanten Themen der UX Branche.

Für mich eine reizvolle Vorstellung und ein spannendes, weitergedachtes „Mentoring-Programm“, an dem ich gerne weiter arbeite, das ich gerne konkretisieren, mit Ihnen bewerten, weiterentwickeln und spätestens 2030 erleben möchte.

Zurück ins Jahr 2024: Für mich gilt es als Mentor beim Mentoring-Programm der German UPA angenommen zu werden. Die Bewerbung ist raus, und ich hoffe angenommen zu werden. Zugleich wünsche ich mir, liebe erfahrene UX Professionals (w/m/d), dass ich euch motivieren konnte eure Erfahrungen ebenfalls zu teilen und auch am Mentoring-Programm der German UPA teilzunehmen.
Auf geht’s, liebe Urgesteine (w/m/d) der UX Branche!

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Der Kern von gutem UX Design war, ist und bleibt User Research!

Was mich da so sicher macht?  Vieles. Vor allem:
Immer mehr UX Professionals (w/m/d) nehmen die Berufsbezeichnung User Researcher:in ein.

Im Branchenreport der German UPA (Berufsverband der UX/Usability Professionals in Deutschland) weist diese Rollenbezeichnung eine aufsteigende Entwicklung in der jährlichen Abfrage („Branchenreport“) der verwendeten  Berufsbezeichnungen auf:

  • 2019 – Platz 4
  • 2020 – Platz 5
  • 2021 – Platz 3
  • 2022 – Platz 3
  • 2023 – Platz 2

2024 Platz 1? Eher nicht. Aber:
Im Ranking der inhaltlich eindeutigen Berufsbezeichnungen haben User Researcher:innen schon heute den 1. Platz für sich sicher. Der „Platzhirsch“ im Ranking der Berufsbezeichnungen ist seit Jahren die/der UX Designer:in, eine generischen Rollenbezeichnung, die viele unterschiedliche Aufgaben umfasst, die für alles stehen kann, was das Gestalten von positiven Erlebnissen in der Nutzung digitaler Produkte und Services umfasst:

  • Interaktionsdesign und Informationsarchitektur
  • Planung, Koordination und Überwachung des Gestaltungsprozesses
  • Research und Testing
  • visuelles Design und Interface-Design

Was meine Zuversicht beflügelt: Es gibt immer mehr „Head of User Research“!

Die Suche nach „Head of User Research“ in LinkedIn ergab im Juni des Jahres 2024 um und bei 100.000 Personen. Davon arbeiten 5.900 in einem Unternehmen, das in Deutschland aktiv ist. Setzt man den Filter England / UK, dann erscheint eine Liste mit 16.000 Personen – und das in einem Land, welches zum Zeitpunkt der Suche ein im Vergleich zu Deutschland  um ca. 1.000 Milliarden $ geringeres Bruttosozialprodukt aufweist.


Für mich sind diese Unterschiede wenig verwunderlich. Seit Jahren sind die Ausgaben für Marktforschung in Großbritannien hoch, übersteigen jene in Deutschland um das 2-3fache. Sicherlich keine klare Wirkungskette, denn Marktforschung umfasst weit mehr wie (nur) „User Research“, aber durchaus ein Zeichen dafür, dass in Großbritannien mehr Umfragen, Tests und Gruppendiskussionen stattfinden.

Warum ist das so? Und ist das ein Indikator dafür, dass auch in Deutschland der Trend zu mehr User Researcher:innen bestehen bleibt?

Ich würde das sehr begrüßen. Und ich glaube, dass wir UX Professionals (w/m/d), Markforscher (w/m/d) und (Online) Marketer dazu einen großen Beitrag leisten können.

Es lohnt sich für researchbasiertes UX Design zu werben!

Wir sollten weiter werben für ein researchbasiertes UX Design, sollten UX Design größer machen, politischen Entscheidungsträger:innen deutlich machen, dass erfolgreiche digitale Services und Dienste insbesondere im public sector nur gelingen, wenn Bürger:innen bei deren Gestaltung endlich einbezogen werden (müssen), und wir sollten die Interessen der UX / Usability Branche in unseren Parlamenten intensiver vertreten. Dass uns das gelingen wird, da bin ich mir ebenfalls 100% sicher.

Was mich so sicher macht?

Immer noch sind die meisten Pioniere einer privatwirtschaftlichen UX / Usability Forschung, die in Deutschland in den Jahren 1999 und 2000 startete, engagiert, tätig und motiviert: Sabrina Duda, Tara Bosenick, Marcus Plach, Gesine Quint, Knut Polken, Franz Koller, Torsten Bartel, Ronald Hartwig, Markus Völkl – um nur einige namentlich zu nennen.

Jenen Pionieren stehen inzwischen zahlreiche junge, sehr bekannte Botschafter:innen für ein researchbasiertes UX Design sowohl in unseren Unternehmen als auch auf Seiten der Dienstleister, Agenturen und Institute zur Seite. Gemeinsam und im Geiste vereint, wird es uns gelingen für researchbasiertes UX Design weiter zu werben und endlich auch die Frage aller Fragen zu beantworten:

User Research – Inhouse, integriert oder extern, vom Dienstleister erbracht?

Die Antwort ist, und ja es muss sein: „Es kommt drauf an!“ – aber hey, liebe Entscheider:innen, nehmt noch etwas mit: „Nehmt euch stets die Freiheit und Flexibilität mal intern und mal extern zu forschen. Je nachdem, wie die Rahmenbedingungen sind!“.

Die richtigen Dinge richtig gut zu beforschen, das können beide, wenn …

  • der externen Dienstleister die Hintergründe der Untersuchungsfragestellungen verstanden hat, wenn er vom Auftraggeber abgeholt und gebrieft wurde, wenn er bezahlte Zeit hat sich in die Untersuchungsfragestellungen hineinzudenken, sie zu durchdenken, zu hinterfragen, zu überarbeiten und zu vereinbaren.
  • die/der interne User Researcher:in fähig ist die richtige Methode und die richtigen Erhebungsverfahren auszuwählen, richtig gut anzuwenden, unbefangen und neutral zu handeln – wenn er/sie erfahren ist, sich stetig weiterbildet und den kollegialen Austausch mit anderen User Researcher:innen sucht und pflegt.

Beides ist wirksam, sinnvoll, beides liegt im Trend. Das zeigt nicht zuletzt der Blick auf die heutigen Rollen und Tätigkeitsfelder der Pioniere der privatwirtschaftlichen UX Forschung in Deutschland: Einige sind auf Kundenseite gegangen und bauten dort erfolgreiche, interne und integrierte UX / User Research Teams auf. Andere wiederum integrierten ihre Agentur, wie ich selbst auch die eresult GmbH, in ein großes Netzwerk. Viele erweiterten die pure UX Forschung um verbundene Design- und Entwicklungsleistungen, bauten ihre (Forschungs-)Unternehmen aus zu erfolgreichen Designagentur.

Sie alle eint die Erfahrung (bei weitem nicht mehr nur der Glaube!), dass gutes UX Design ohne User Research und UX Testing nicht gelingen kann. Gut so – denn diese Vielfalt im Wirken der UX Pioniere brachte und bringt auch in der Zukunft viele unterschiedliche Erfolgsgeschichten und zeigt deutlich, wie etabliert researchbasiertes UX Design inzwischen auf unterschiedlichen Ebene und in unterschiedlichen Facetten ausgestaltet werden kann.

Lasst uns UX Design größer machen!

Thorsten Wilhelm - nachdenklich!

Thorsten Wilhelm: Jeder Weg für mehr User Research ist ein guter!

Wie? Nun, auch das ist eigentlich ganz einfach:
Wir UX Professionals lieben was wir tun. Wir sind offen, kollegial, teilen unsere Erfahrungen und wirken nachhaltig. Wir kommen gerne zusammen. All das ist wunderbar.
Mit all dieser Freude und Liebe zu unserem Job ausgestattet, möchte ich euch, liebe UX Community um eine Kleinigkeit bitten: Redet mit Menschen außerhalb unserer Community darüber was ihr tut. Ich tue das so oft als möglich.

Erzählt euren Freunden, Bekannten, Partnern, Nachbarn … Geschichten über euren Arbeitsalltag. Redet wann immer möglich darüber was ihr tut, woran ihr arbeitet, wie ihr arbeitet und was eure Arbeit bewirkt. Auf diese Weise werdet ihr unsere Branche noch größer machen. Und das tut allen gut. Denn da draußen, außerhalb unserer starken Gemeinschaft, gibt es noch sehr viele Unternehmen, die weder UX Professionals (w/m/d) angestellt haben noch User Research Dienstleister beauftragen.

Jene Unternehmen sind (noch) in der Überzahl!

Und ich finde auch sie sollten unbedingt wissen, dass es uns gibt. Auch sie sollten von unseren Kompetenzen und Fertigkeiten profitieren.

Und dazu müssen sie wissen, dass es uns gibt und was wir tun.

(Hinweis/Anmerkung: Dieser Beitrags ist in einer kürzeren Version zuerst
erschienen auf marktforschung.de in meiner Kolumne „Klarblick UX“).

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Klarblick – hier und woanders!

Liebe Leser:innen,

leider schaffe ich es derzeit nicht regelmäßig neue Beiträge auf Nutzerbrille zu schreiben.

Ich habe 2024 viele, spannende und für mich neue Projekte gestartet:

Die von mir im Jahr 2000 mitgegründete eresult GmbH, welche ich als Geschäftsführer im Team und alleine 22 Jahre leitete, wurde im April 2024 von der MAI GmbH übernommen und in die MAI (Marketing Automation Intelligence) Group integriert. Meine neue Rolle dort ist die eines Partners und freien Beraters im Vertrieb, Projektmanagement und als Digital/UX Designer.

2024 habe ich das Produkt „UX Offsite“ ins Leben gerufen, und werbe seitdem für die Etablierung von unternehmensübergreifenden Gruppen-Co-Workations und Offsites. Ein neues Feld, mit vielen Herausforderungen und zahlreichen Erfolgserlebnissen.

Portraitfoto Thorsten WilhelmWeiterhin arbeite ich daran die Mehrwerte eines researchbasierten UX Design zu verdeutlichen.
In diesem Kontext entschloss ich mich eine Kolumne auf marktforschung.de zu starten, mit dem symbolischen Namen: Klarblick. Ich möchte die großen Zusammenhänge und Wirkungen zwischen User Research und dem Erfolg von Produkten und Services aufzuzeigen.

Viel Neues, und daher (leider) zu wenig Zeit zu bloggen. Das wird sich bald wieder ändern, bis dahin folgt mir bitte gerne auf LinkedIn.

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Bildungstage und Bildungsurlaub: Warum wir beides brauchen!

Was wäre, wenn wir 5 aufeinanderfolgende Tage bezahlten Urlaub für Weiterbildung – die den meisten Angestellten (w/m/d) pro Kalenderjahr heute schon zustehen – auf 5 Bildungstage aufteilen könnten. Fünf Tage, vollkommen frei über das Kalenderjahr verteilt. Fünf Tage, an denen wir uns so weiterbilden, wie es für jeden von uns am besten erscheint bzw. ist.

Warum sollten wir uns auf 5 Bildungstage statt eine Bildungswoche einlassen?

Nun, weil es einfach ist. Einfacher im Vergleich zum Planen und Abstimmen von einer Woche klassischen Bildungsurlaub. Ein Tag „Bildung“ – der kann leicht geplant und flexibel genommen werden. Ein Tag „Bildung“ – der ist schnell und meistens problemlos mit dem Team und der/dem Chef:in abgestimmt.

Einfach – ja, aber auch sinnvoll? Denn sofort kommt die Frage auf:
Wie bilde ich mich an 5 bezahlten Urlaubstagen, verteilt über das Jahr, weiter?
Die Antworten werden ganz sicher vielfältig sein.  Und das ist ein zweiter, zentraler Vorteil dieses Bildungsansatzes.

Unter den Ideen für die Gestaltung der 5 Bildungstage werden ganz sicher viele sein, die keine bzw. kaum externe Kosten, wie beispielsweise Teilnahmegebühren oder Kurskosten, nebst Kosten für An-/Abreise und Übernachtung aufweisen. Jene Kosten, die bei den meisten Angeboten für eine Woche klassischen Bildungsurlaub anfallen und vom „Bildungsurlauber“ selbst zu tragen sind (an dieser Stelle sei der Verweis auf Bildungsurlauber erlaubt, einer nützlichen und informativen Anwendung zum Finden, Planen und Vorbereiten von Bildungsurlauben).

Was würde ich tun, wenn ich 5 Bildungstage im Jahr bezahlt bekomme?

Wenn ich mich jetzt, heute entscheiden müsste, dann würde ich mir ein Buch zum Thema „kollegiale Fallberatung“ kaufen und zunächst theoretisch auf den aktuellen Stand der Dinge in Sachen „kollegialer Fallberatung“ bringen .
1-2 (Bildungsurlaub-)Tage gehen da bei mir drauf, denn ich würde zwischendrin immer mal wieder im Web surfen, Artikel zum Thema lesen, Videos anschauen und Interviews mit Expertinnen anhören.

1-2 weitere Tage würde ich nutzen, um mein angelesenes Wissen anzuwenden. Wie?
Beispielsweise „pro bono“ für meine ehrenamtlichen Vorstandskolleg:innen der vielen Vereine in meinem Wohnort. Wir sind „im Geiste“ gleich, wollen die Gemeinschaft in unserem schönen Dorf fördern und haben dabei dieselben Herausforderungen und Problemstellungen: Zu viel „Papierkram“, ausufernde Bürokratie, immer größere Mühe junge Menschen für das Ehrenamt zu begeistern und immer höhere Ansprüche von Ämtern und Behörden beim Organisieren von Veranstaltungen. Ein hervorragender  Anwendungsfall, mit dem es mir gelingt wird mein theoretisches Wissen in Sachen „kollegialer Fallberatung“ anzuwenden, zu vertiefen und praktische Erfahrungen zu sammeln.

Bleibt noch 1 Tage über. Wie könnte ich den nutzen? Ich vermute ich verbringe diesen Tag in einem Coworking-Spaces. Dort arbeite ich in Gemeinschaft zum Beispiel an einem Beitrag zum Thema „kollegiale Fallberatung“ für meinen Blog. Ich suche mir einen Coworking-Space, in dem viele (Unternehmens-)Berater:innen arbeiten. So kann ich „zwischendrin“ und im Austausch mit anderen Coworker:innen über „mein“ Thema erzählen, meine Geschichten und Erfahrungen aus den Sitzungen mit meinen Vereinskolleg:innen teilen und im Gespräch  weitere, wertvolle Tipps mitnehmen.

Und schon sind sie um: Meine ersten 5 Tage Bildungszeit an 5 zusätzlichen, bezahlten Urlaubstagen.  Wenn ich drüber nachdenke, dann wären das ganz wundervolle und zugleich wertvolle 5 Tage. Im Ergebnis habe ich Neues gelernt, neue Fertigkeiten aufgebaut, tolle Menschen kennengelernt und einen Beitrag für die Gemeinschaft geleistet. Wunderbar. Ich kann es kaum erwarten, genau so meine ersten 5 Bildungstage zu gestalten.

Was würden Sie tun, wenn Sie fünf bezahlte Urlaubstage für 5 Bildungstage im Jahr bekommen?

Denken Sie bitte kurz nach. Ich höre es rattern – sehr gut. Und ich ahne, dass die Antworten vielfältig sein werden. Sowohl thematisch-fachlich vielfältig als auch von der Art und Weise der gewählten Weiterbildungsformate.

Nicht jeder von Ihnen wird an seinen Bildungstagen ein Buch lesen. Nur wenige werden die Chance haben theoretisches, neues Wissen sofort anzuwenden. Einige, aber bei weitem nicht alle, werden es mögen Bildungstage in einem Coworking-Space zu verbringen, um mit anderen Coworker:innen in den (fachlichen) Austausch zu kommen. Und durchaus viele, vielleicht sogar die meisten, werden sich für ein Seminar oder Training entscheiden.

Und genau das ist es, das den Ansatz der 5 Bildungstage so attraktiv und wirksam macht:
Wir entscheiden selbst, wie, wann, wo und mit wem wir uns weiterbilden und weiterentwickeln! 
Und ja natürlich, wir können diese 5 Tage für klassische Bildungsurlaube, mit 5 Bildungstagen am Stück, einsetzen. Warum denn nicht. 5 Bildungstage und Bildungsurlaub, diese beiden Ansätze ergänzen sich. Kein entweder oder – stattdessen ein sowohl als auch!

So vielfältig wie wir Menschen nun mal sind – so vielfältig sollten wir uns weiterbilden können!

Wenn wir uns von der klassischen aber recht eng geregelten Bildungswoche lösen, dann werden wir eine enorme Vielfalt erleben. Wir werden zigtausende Kombinationen von Weiterbildungsthemen und gewählten Bildungsformaten sehen.

Wir werden zigtausende Varianten in der Gestaltung der 5 Bildungstage erleben. Und wir werden, auch da bin ich mir sicher, Websites bekommen, auf denen „Bildungsurlauber“ darüber berichten, wie sie ihre 5 flexiblen Bildungstage gestaltet haben – zeitlich, inhaltlich, strukturell und (auto-)didaktisch.

Im Ergebnis werden wir mit diesem ergänzenden Ansatz dazu beitragen, dass die Anzahl an Menschen, die bezahlte Urlaubstage für Weiterbildung einsetzen deutlich ansteigt. Und somit werden wir einen wertvollen Beitrag zu mehr Leistungsfähigkeit, -motivation, Kreativität und Innovationsfreudigkeit leisten.

Was wallen wir mehr. Auch ja: Wir wollen es mal ausprobieren!
Oder nein, lieber abwarten, bis wir das politisch und rechtlich „geregelt“ bekommen? Bis wir 5 bezahlte Urlaubstage für Bildung – zeitlich und inhaltlich flexibel und selbstbestimmt gestaltet – arbeitsrechtlich umgesetzt bekommen?

Thorsten Wilhelm

Thorsten Wilhelm

Nein, bitte nicht. Lassen Sie uns nicht warten.
Lassen Sie es uns einfach machen, ausprobieren, Erfahrungen sammeln und stetig nachjustieren. Gern, sehr gern biete ich an dazu mit Ihnen in den Austausch zu gehen, Erfahrungen und Ideen zu teilen und Sie „kollegial zu beraten“ – nun, da ich das bald auch gelernt haben werde.

Sprechen Sie uns einfach an.

P.S.: Fast vergessen – die Vertrauensfrage!

Wie kann man Dritten – also dem Team, den Kolleg:innen und Vorgesetzten (w/m/d) – „belegen“, dass man die 5 Tage für Weiterbildung nutzte? Dass man dabei erfolgreich war, Wissen aufbaute oder neue Fertigkeiten erlangte? Dass man seine (Bildung-)Ziele erreichte? Und die 5 Tage „on Top“ nicht einfach nur zur Erholung und für seine Hobbys nutzte?

Die Antwort: Das läßt sich nicht belegen. Indirekt aber erkennen. Beispielsweise daran, dass man seine Aufgaben im Job, seine Rolle erfolgreicher ausübt. Zufriedener mit der eigenen Leistung ist. Ziele schneller erreicht und öfter Erfolge einfährt. Gerne und lange tut, was man tut. Öfter gelobt wird.
Und das, das kann man erleben und erkennen – und somit auch indirekt kontrollieren,  dass die Bildungstage mit Erfolg zur persönlichen Weiterentwicklung genutzt wurden. Erkennen und belegen – ganz ohne Zertifikat oder Teilnahmebescheinigung. Wundervoll!

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Ach wie gut, dass viele denken: Prüfkriterien für Ästhetik können wir uns schenken!

Es ist unwahrscheinlich, dass eine KI jedes Objekt so gestalten könnte, dass es von jeder Person in jeder Situation als schön wahrgenommen wird. Die Wahrnehmung von Schönheit ist ein sehr subjektives Empfinden und hängt von vielen Faktoren ab, wie kulturellem Hintergrund, persönlichem Geschmack und emotionaler Verfassung.
Eine KI kann zwar darauf trainiert werden, bestimmte Muster und Merkmale zu erkennen, die von vielen Menschen als schön empfunden werden, aber es gibt keine Garantie dafür, dass dies auf jede Person und Situation zutrifft. Zudem ist die Schönheit oft eng mit dem Kontext verbunden, in dem ein Objekt wahrgenommen wird, und kann sich im Laufe der Zeit ändern.
Insgesamt ist es also unwahrscheinlich, dass eine KI in der Lage ist, Objekte zu gestalten, die von jeder Person in jeder Situation als schön empfunden werden.“ (OpenAI’s ChatGPT Sprachmodell, Antwort auf eine Frage von mir am 03.04.2023).

Gut so, denken Sie vielleicht. Ästhetische Gestaltung ist ohne gut ausgebildete und erfahrene visuelle Designer:innen unmöglich.
Stimmt!

Objektive Prüfkriterien für Ästhetik können wir uns schenken!

Das subjektiv empfundene Wohlgefallen beim Betrachten eines Objektes ist komplex. Unmöglich zu 100% beschreibbar oder gar mit einer guten Theorie der Ästhetik erklärbar.

Wahrgenommen Ästhetik ist das Ergebnis von komplexen, affektiven und kognitiven Prozessen, ausgelöst durch das Zusammenspiel zwischen den Eigenschaften eines Objekts mit vielfältigen Gestaltungsmerkmalen, der Person die das Objekt betrachtet, ihren Merkmalen, Eigenschaften, vergangenen Erlebnissen, Erfahrungen, ihrer Sozialisation und ihrem physikalischen Umfeld, sowie der Interaktion der Person mit dem Objekt.

Hacken dran. Lassen wir also alles wie bisher!

Bitte nicht. Einmal abgesehen davon, dass „Alles (weiter) wie bisher!“ grundsätzlich kein guter Rat ist. Und im Kontext der zu erwartenden Entwicklung in Sachen künstlicher Intelligenz schon gar nicht.

Die KI entwickelt Kreationen, die/der visuelle Designer:in wählt aus!

Ich würde mich sehr freuen, wenn sich die Arbeitsweise von visuellen Designer:innen durch KI und Tools auf KI-Basis positiv verändert. Wenn visuelle Designer:innen mehr Zeit zum Experimentieren und Explorieren bekommen, bevor sie evaluieren, auswählen und kombinieren.

In meiner idealen (Vorstellungs-)Welt erhalten visuelle Designer:innen in frühen Phasen der Kreation durch KI und intelligente Tools auf KI-Basis wertvolle Unterstützung:

  • Die KI bietet ihnen sehr, sehr viele kreative Anstöße und Impulse,
  • die/der Designer:in lässt sich von den zahlreichen Kreationen einer KI anregen, wählt aus einer Vielzahl an Gestaltungsideen aus, verbindet Kreationen miteinander und entwickelt sie so weiter.

Ko-Kreation in Perfektion!

Lassen Sie uns daher einmal überlegen, wohin die Reise in Sachen KI und visuellem Design auf mittlere Sicht gehen könnte.

„Über mehr Variantenreichtum hin zu objektiven Prüfkriterien für Ästhetik!“

Das, finde ich, ist ein erstrebenswertes Zusammenspiel zwischen Mensch und KI in Sachen Ästhetik und visueller Gestaltung.

Die (heutige) Arbeitsweise von visuellen Gestalter:innen erzeugt – das werden die meisten von Ihnen sicherlich auch schon mindestens einmal erlebt haben – viel zu wenige und vor allem viel zu wenige, sich unterscheidende (Gestaltungs-)Varianten.

Das liegt nicht darin begründet, dass visuelle Designer:innen diese Varianten nicht gestalten wollen. Die Variantenarmut in der visuellen Gestaltung ist vielmehr in mangelnder Zeit und/oder zu geringen Budgets begründet. Unter jenen, begrenzenden Rahmenbedingungen können visuelle Gestalter:innen nur wenige, visuelle Gestaltungsvarianten entwickeln.

Damit einher geht, dass wir viel zu wenige Daten über die bestimmenden Faktoren von Unterschieden in der Bewertung von Gestaltungsvarianten haben.

  • Wir geben uns mangels Zeit und Geld viel zu früh mit einer Gestaltungsvariante zufrieden.
  • Wir beschreiben alternative Gestaltungsvarianten zu selten anhand von objektiven Gestaltungsmerkmalen wie Symmetrie, Balance, Komplexität, Ordnung und/oder den eingesetzten Formen und Farben.
  • Wir forschen zu selten auf Basis von vergleichenden Wert-Urteilen, bestenfalls getroffen von Menschen aus zahlreichen, unterschiedlichen Zielgruppen.

Durch diese Arbeits- und Verhaltensweise verpassen wir die Chance Muster und Merkmalskombinationen zu erkennen, die bei vielen Menschen in vielen verschiedenen Situationen zum Empfinden von Schönheit und Wohlgefallen beitragen. Im Ergebnis verhindern wir damit Fortschritt im Bereich der ästhetischen Gestaltung:
Wir verhindern ganz konkret die Weiterentwicklung und den Weg hin zu objektiven Prüfkriterien für Ästhetik.

KI wird das Rollen- und Berufsbild visueller Designer:innen verändern!

Liebe Designer:innen lasst uns gemeinsam darauf hinwirken, dass möglichst viele Entscheider:innen, Unternehmer:innen und Inhaber:innen von Budgets für visuelle Gestaltung verstehen und erkennen, dass man auch bei der visuellen Gestaltung an die Möglichkeiten von KI andocken kann, ja muss.

Dazu solltet ihr, liebe visuelle Designer:innen die Möglichkeiten von KI so schnell als möglich nutzen, insbesondere mit dem Ziel in frühen Gestaltungsphasen viele gestalterische Varianten zu erzeugen. Denn genau hier kann euch KI unterstützen.

Eure zukünftige Rolle, eure zukünftigen Tätigkeiten werden, da bin ich mir sicher, auf diese Weise und Dank KI lediglich verändert aber keinesfalls weniger relevant sein. Ihr werdet, Dank der Chancen die im Bereich der visuellen Gestaltung in der KI stecken, eure Arbeit noch effizienter gestalten und Zeit für weitere, spannende Aufgabenfelder bekommen.

Und wenn ich mir auch diesbezüglich noch etwas wünschen darf: Setzt doch eure vielfältigen Fertigkeiten und Fähigkeiten ein, um die Gestaltung der Ästhetik von Interaktionen zu optimieren. Denn in diesem Bereich gibt es noch viel zu entdecken und zu optimieren. Hier, bei der Optimierung der Ästhetik der Interaktion steht die Forschung und Praxis beim Erkennen und Einsetzen von Gestaltungsprinzipien noch am Anfang. Am Anfang einer tollen Entdeckungsreise.

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Coworkation für UX Designer:innen: Ein grobes Schema und eine Einladung zur Mitgestaltung!

Was ist es Ihnen wert, wenn Sie eine Woche lang mit mir einen Ort und Raum zum Arbeiten teilen können? Wir bilden eine Arbeitsgemeinschaft auf Zeit. Arbeiten alleine aber auch in Gemeinschaft an unseren Projekten. Eine Woche lang, Montag bis Freitag.
In dieser Zeit tauschen wir uns über unsere Projekte, Aufgaben und Herausforderungen aus. Wir bieten uns gegenseitig neue Blickwinkel und Perspektiven und teilen Erfahrungen.

Sind Sie bereit dafür etwas zu zahlen? Und falls ja: Wie viel?
Mehr wie die Miete für den Ort und den Platz zum Arbeiten?

Ich vermute, Sie antworten auf diese Fragen mit: „Es kommt drauf an!“ Und ich vermute weiter, dass es vor allem darauf ankommt ob und wie sehr Sie mich als Berater, Mentor, Impulsgeber oder/und Befähiger – der Sie inspirieren, motivieren, begeistern kann – ansehen und schätzen.
Nur Sie kennen die Antwort.

Coworkation = Zusammen arbeiten und in Gemeinschaft Fürsichsein!

Wie fällt Ihre Wertschätzung und Zahlungsbereitschaft aus, wenn Sie die Gelegenheit bekommen mit mehreren UX Professionals (w/m/d), Produktmanager:innen und/oder UX Designer:innen zusammen zu arbeiten. Nehmen wir wieder den Zeitraum von einer Woche an. 4-5 gemeinsam verbrachte Arbeitstage.

Sie arbeiten in dieser Zeit „alleine und in Gemeinschaft“ an Ihren Projekten und Herausforderungen. Sie teilen Ihre Erfahrungen und nehmen zugleich neue Sichtweisen, Gedanken und neue Perspektiven auf ihre Herausforderungen und Projekte mit.

Wie fällt Ihre Antwort nun aus? Ist das attraktiver? Würden Sie dafür mehr zahlen – im Vergleich zu einer Woche gemeinsam und zusammen mit mir? Ich vermute, dass noch immer sehr viele mit „Es kommt drauf an!“ antworten, deutlich mehr jedoch mit einem eindeutigen: „Ja!“.

Die Aussicht von anderen Menschen zu lernen, durch Erfahrungsaustausch und neue Sichtweisen auf Aufgaben, Herausforderungen und Projekte, ist besonders attraktiv. Vor allem dann, wenn sich dieses voneinander lernen und Wissen teilen nicht nur auf einen Zeitraum von 2-3 Stunden erstreckt.

Coworkation für UX Designer:innen, Produktmanager:innen und UX Professionals (w/m/d)

Lassen Sie unser Gedankenspiel weiter fortsetzen:
Was muss unbedingt geboten werden, damit Sie mit anderen UX Designer:innen, UX Professionals (w/m/d) oder Produktmanager:innen eine Woche lang mit Gewinn und Freude zusammen arbeiten können?

Es braucht ganz sicher einen Ort, an dem unterschiedliche Arbeitsaktivitäten produktiv erbracht werden können. Der Ort muss sowohl Räume und Plätze für Still- und Fokusarbeit als auch Workshops und Gruppenarbeit bieten. Jene Räume müssen den Anforderungen der Arbeitenden – angestellt oder frei tätig – ebenso gerecht werden, wie jenen der Arbeitgebenden – Unternehmen bzw. Arbeitgeber und/oder Kunde(n).

Jene Voraussetzungen werden von gut ausgestatteten, klassischen Coworking-Spaces geboten. Davon gibt es viele und immer mehr. Also: Work = Check, Hacken dran.

Was braucht es in Sachen Vacation?

Der vielfältig ausgestattete Arbeitsort und Platz zum Arbeiten – bestenfalls ein klassischer Coworking-Space – sollte in einer Region mit einem hohem Freizeit- bzw. Erlebniswert beheimatet ist. Mit wenig Aufwand sollten dort zahlreiche, unterschiedliche Freizeitaktivitäten – sportliche, soziale, kulturelle oder Naturerlebnisse – einfach und bequem möglich sein.

Fazit – Die Basisfaktoren einer Gruppen-Coworkation sind:

  1. Coworking-Space mit Aktivitätsflächen und -räumen für Workshops, Kleingruppenarbeit, Besprechungen und Fokusarbeit, gelegen in einer
  2. (Urlaubs-)Region, die einen hohen Freizeitwert aufweist und
  3. attraktive Übernachtungsmöglichkeiten und Services – von der Selbstversorgung bis All Inclusive ist alles denkbar – bietet.

Jene Basisfaktoren erfüllen zahlreiche Angebote. Und das Schöne dabei ist: Es muss nicht gleich Bali sein. Bei uns in Deutschland gibt es tolle Orte und Angebote für Gruppen-Coworkations – von Nord nach Süd, von Ost nach West.

An dieser Stelle seine nur einige wenige genannt:

  • Norddeutschland: Coworking Schlei, Cobaas in Preetz oder das FriesThinkLand in Tönning
  • Mittel- und Ostdeutschland: The Hearts in Braunlage, Coconat in Bad-Belzig oder das projectbay in Lietzow
  • Süddeutschland: Schloss Blumenfeld in Tengen, Dorfbad Tannermühl und Hasenöhrl-Hof in Bayrischzell

Viele weitere Angebote bieten die Karten und Listen auf CoworkingMap, Coworkland und Coworkation Alps.

Was braucht es neben den Basisfaktoren Coworking-Space und Urlaubsdestination?

Jene Frage zu beantworten, das wird schon schwieriger. Die Antwort müsste mal wieder lauten: „Das kommt drauf an!“.
In diesem Falle insbesondere auf die Ziele, Motive und Gründe für die Gruppen-Coworkation .

Neben dem Aufbau oder der Erweiterung von Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten können jene beispielsweise darin bestehen die persönliche Gesundheit zu fördern, soziale Kompetenzen weiterzuentwickeln oder vollkommen neue Fertigkeiten und Fähigkeiten aufzubauen, beispielsweise eine handwerkliche Fertigkeit oder eine Sprache zu erlernen.

Sofern wir uns auf die Zielgruppe der UX Designer:innen, UX Professionals (w/m/d) und Produktmanager:innen fokussieren, bestehen zentrale Ziele und Motive einer Coworkation sicherlich darin vorhandene Fertigkeiten und Fähigkeiten zu stärken, neue Verfahren und Methoden kennenzulernen und Impulse für die Veränderung von Prozessen, der Zusammenarbeit im Team und/oder mit Kunden zu erhalten.

Um jene Ziele zu erreichen, braucht es im Kern und insbesondere andere Menschen.

Menschen ziehen Menschen an!

Andere Menschen ziehen andere Menschen an. Das war schon immer so. Und das gilt insbesondere für eine Coworkation für die Berufsgruppen UX Designer:innen, UX Porfessionals (w/m/d) und Produktmanager:innen.

„Andere Menschen bieten neue Erfahrungen und Sichtweisen. Jene Perspektivwechsel können festgefahrene Lösungsansätze und Strukturen auflockern. Gemeinsame Entspannungs- oder Aktivitätsphasen beim Sport, bei einem Spaziergang am Strand, einer Bergwanderung oder beim Zubereiten einer Mahlzeit bringen ganz neue Ansätze und kreative Gedanken zutage – und sorgen ganz nebenbei für ein hohes Maß an Zufriedenheit!“

Eine Coworkation  für UX Designer:innen, UX Professionals (w/m/d) und Produktmanager:innen wird vor allem dann als wertvoll empfunden werden, wenn daran Menschen teilnehmen, die in der Lage und zugleich motiviert sind als Impulsgeber:innen, Mentor:innen, Befähiger:innen oder Trainer:innen teilzunehmen. Und das bestenfalls im Sinne eines optimistischen, vertrauensvollen Gebens und Nehmens: Jede/-r Teilnehmer:in sollte hilfsbereit, offen und unterstützend auftreten und handeln können und wollen.

Ist das gegeben, dann braucht es neben den bereits genannten Basisfaktoren – Coworking-Space, Urlaubsdestination und Unterkunft – „nur“ noch eine/-n Moderator:in und eine/-n Gastgeber:in.

Die Gastgeber-Rolle bei einer Coworkation: Ganz schön anspruchsvoll!

Die/der Gastgeber:in sollte sowohl Gestalter:in und Planer:innen als auch Moderator:in sein. In einer Person, bestenfalls jedoch im Team. Diese Rolleninhaber:innen müssen einen passenden, attraktiven Ort auswählen und alle nötigen Services bereitstellen. Es gilt ein (Rahmen-) Programm zusammenzustellen, das Raum und Zeit bietet zum Austausch, Netzwerken und für gemeinsame Arbeits- und Freizeitaktivtäten – und das zugleich ein Alleinsein in Gemeinschaft möglich macht durch frei wählbare Zeiten für Fokusarbeit.

Im Vorfeld muss die/der Gastgeber:in das Produkt beschreiben, anbieten und bewerben. Es gilt zudem aufzuklären was eine Coworkation ist und Tipps zu bieten, welche rechtlichen und organisatorischen Voraussetzungen nötig sind, um als Freiberufler:in oder Angestellte/-r an einer Gruppen-Coworkation teilnehmen zu können.

Der/die Gastgeber:in sollte in der UX Design Szene bestens vernetzt sein und eine hohe Reputation aufweisen. So gelingt es ihr/ihm schnell Menschen mit unterschiedlichen Fertigkeiten, Fähigkeiten, Erfahrungen und der Motivation zum Weitergeben jener zusammen zu bringen.

Coworkation für UX’ler: Lassen Sie uns gemeinsam starten!

Et Volià: Da ist es, ein erstes Rezept für eine Coworkation für UX Designer:innen, Produktmanager:innen und UX Professionals (w/m/d):

  • Der Teig: Coworking Space in einer Urlaubsdestination, die attraktive Unterkünfte und zahlreiche Freizeitaktivitäten bietet.
  • Der Belag: Die teilnehmenden und teilgebenden Menschen. Sie müssen offen sein für Neues und Erfahrungen teilen können und wollen. Sie sollten zugleich vielfältige, unterschiedliche Fähigkeiten und Erfahrungen in den Aufgabenfeldern UX Design und/oder Produktmanagement aufweisen.
  • Die Streusel: Ein/-e gut vernetzte/-r Gastgeber:in und Moderator:in, welche die Aufgaben rund um die Gestaltung, Planung und Moderation wahrnehmen können und wollen.

Nun bleibt noch die Frage: Wurde dieses Rezept schon einmal ausprobiert? Explizit für UX Designer:innen? Ich glaube nicht.
Wird es beim ersten Versuch gelingen? Vermutlich schon.

Was es dazu jedoch zwingend braucht: Eine „Start-Community“. Eine Gemeinschaft von Interessierten, die den ersten Schritt machen und bei der ersten Coworkation gestaltend und mitwirkend dabei sind.

Thorsten Wilhelm

Thorsten Wilhelm

Möchten Sie gemeinsam mit mir starten und eine Community von Coworkation-interessierten UX Designer:innen, UX Professionals (w/m/d) und Produktmanager:innen aufbauen?

Ich würde mich darüber sehr freuen – und lade Sie zum Austausch und zur gemeinschaftlichen Organisation der ersten Gruppen-Coworkation für UX’ler ein.
Zusammen mit Vanessa Thielemann bieten wir Ihnen als Gedankenanstoß ein erstes Produkt- und Veranstaltungskonzept, welches wir gemeinsam mit Ihnen gerne weiterentwickeln möchten.

Sprechen Sie uns einfach an.

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Hände schmutzig machen erwünscht: Tipps zum Meiden von Stolperfallen beim Optimieren von Mensch-Maschine-Interaktionen

Wenn ein UX Designer und Marketer mit einem Konstrukteur und Ingenieur über Maschinenbau und Mensch-Maschine-Interaktion (HMI) spricht, dann kommt Gehaltvolles zu Tage. Insbesondere dann, wenn sich die beiden schon seit 1971 kennen.

Ich – UX Designer & Marketer – kenne und schätze Thomas (Fiedler) – Ingenieur & Konstrukteur schwerer Maschinen und Fahrzeuge – schon seit meinem 1. Lebensjahr: Wir haben in der Kindheit und Jugend viel Zeit gemeinsam verbracht, im Sandkasten, auf Spielplätzen und Bauernhöfen. Und daher freue ich mich sehr, dass wir über unser gemeinsames Thema „HMI und Maschinenbau“ sprechen konnten.

Thomas Fiedler im Portrait

Thomas Fiedler

Thomas Fiedler arbeitet seit 1996 als Ingenieur und Führungskraft.

Von Anfang an war es ihm wichtig einen guten „Draht“ zu den Fahrern und Bedienern der von ihm konstruierten Maschinen herzustellen; deren Ansprüche und Bedürfnisse aufzunehmen und ihnen im Entwicklungs- und Gestaltungsprozess Gehör zu verschaffen.

Dies war und ist seine Stärke bis heute – und diese Einstellung war im Jahr 1996 alles andere als eine Selbstverständlichkeit für einen Konstrukteur schwerer Maschinen.

Thomas unterstützt Bergbauunternehmen und Energieversorger, Tiefbau- und Straßenbauunternehmen, die Hüttenindustrie (Metallurgie), Agrar-, Forst- und Kommunalbetriebe und Dienstleistungsunternehmen bei der Konzeption von Neuentwicklungen, deren Weiterentwicklung (alternative Antrieb, Usability & Ergonomie), erstellt System- und Typvergleiche und berät bei der Anschaffung von Maschinen. Dabei legt er stets viel Wert darauf nachhaltig zu handeln und Ressourcen zu schonen.

In unserem Gespräch auf Nutzerbrille teilt Thomas seine Erfahrungen als Konstrukteur, Sachverständiger und Berater. Er geht auf typische Entscheidungs- und Einkaufsprozesse in seinen Projekten ein, stellt dar welche Bedeutung die Ansprüche und Bedürfnisse von Nutzer:innen haben und gibt Tipps dazu, wie es gelingt sich als Konstrukteur die Brille von Fahrer:innen und Bediener:innen aufzusetzen.

Wenn der Eigentümer & Betreiber einer Maschine nicht der Nutzer ist!

Thomas, gib meinen Lesern ein Gefühl für die Maschinen, die Du konstruierst. Nehmen wir vielleicht die letzte:
Was hast Du konstruiert, wie teuer war die Maschine zirka und wie lief der Einkaufs- und Bestellprozess ab?

Thomas: Die letzte Maschine hatte einen Wert von ca. 1.2 Millionen €. , eine 50 Tonnen schwere Vortriebsmaschine für den untertägigen Bergbau in Nordamerika. Es war eine ähnlich einem Bagger aufgebaute Maschine für den selektiven Abbau von goldhaltigen Flözen unterhalb eines bereits bestehenden Tagebau.

Für neue Maschinen und darin enthaltene neue Komponenten findet der Einkaufprozess über standardisierte, prozessual geregelte Wege statt. Im Falle einer handelsüblichen Komponente erfolgt zunächst die Identifizierung der richtigen Komponente, möglichst aus dem Katalog des Komponentenherstellers. Ab und an wird mit dessen Kundenberatern noch eine Modifikation der Komponente verhandelt. Anhand des zu erwartenden Lastprofiles des Maschinenherstellers wird die zu erwartende Lebensdauer dieser Komponenten durch die technische Abteilung des Komponentenherstellers rechnerisch verifiziert. Es werden vom Lieferanten jeweils für einen Prototypen und für die zu erwartenden Serienlieferung sowohl Preise als auch Lieferzeiten angegeben und durch den Projekteinkäufer des eigenen Unternehmens nachverhandelt.

Anschließend ergeht über das ERP-System (Enterprise Resource Planning) des Maschinenherstellers eine Bestellung für den Prototypenbedarf an den Komponentenhersteller. In der Folge überwacht ein Projekteinkäufer den Fortschritt der Bestellung, aktualisiert fortlaufend den Liefertermin und meldet das Eintreffen der Komponente im Unternehmen.

Wie gelingt es sich die Brille der (Maschinen-)Bediener:innen aufzusetzen? 

Wow, das klingt nach aufwändigen Abstimmungs- und Entscheidungsprozessen. Lass uns mal auf die Rolle der Fahrer:in bzw. Bediener:innen einer solchen Maschine blicken. Wie setzt ihr euch die Brille der Nutzer:innen auf und welche Bedeutung haben deren Wünsche und Anforderungen im Konstruktions- und Gestaltungsprozess?

Thomas: Die Rolle der Nutzer:innen (hier: Fahrer:innen / Bediener:innen) ist in den letzten etwa zwei Jahrzehnten immer bedeutender geworden. Sie sind wichtige und bisweilen gelegentlich unterschätzte Stakeholder in den Prozessen der Bauunternehmen.

Hintergrund ist immer öfter die Personalknappheit und zusätzlich das tendenziell fallende Ausbildungsniveau. Gut ausgebildete Bediener:innen auf „Schlüsselmaschinen“ bestimmen ganz wesentlich den Erfolg und den Forstschritt auf Baustellen. Außerdem sind die Nutzer:innen, wie in jeder anderen Branche, die Hüter von kostbarem Wissen, das es aufzuschließen gilt. Dabei ist es wichtig, mit geschickten Fragen die Informationen aus den Nutzern heraus zu kitzeln.

Viele von ihnen sind wirklich virtuose Bediener, manche sogar Enthusiasten, aber reden und schreiben oftmals nicht gern. Abgegebene Fragelisten kommen da auch schon mal unausgefüllt zurück, was aber nie bösem Willen entspricht. Es gilt in einem aktiven Gespräch den Leuten unterstützend zu entlocken, was sie als wichtig erachten. Oftmals sind dabei unsichtbare Hindernisse zwischen den Interviewpartnern, wie unterschiedliche soziale Herkunft oder unterschiedliche Schulbildung. Hier muss der Interviewer das Vertrauen seines Gegenübers gewinnen.

Des Weiteren kann es notwendig sein, das Wissen der Nutzer:innen nach einem Interview zunächst in einen korrekten physikalisch-technischen Terminus zu übersetzen: Stand die heutige Aussage „schnell“ in Relation zur Reaktionsgeschwindigkeit (dem Ansprechverhalten) oder geht es mehr um die allgemein zu langsame Ablaufzeit bei einem Arbeitstakt?
In diesem Fall ist es noch wichtiger, dass Informationen so unmittelbar wie irgend möglich zwischen Usern und Konstrukteuren ausgetauscht werden, da das Verfahren sonst schnell zu einem „Stille-Post-Spiel“ werden kann.

Das Wissen der Konstrukteure bei den Maschinenherstellern ist nicht unbedingt deckungsgleich mit dem Wissen der Nutzer:innen bei den Endkunden. Konstrukteure können, ohne das Nutzerwissen zu besitzen, z.B. Schwerpunkte an anderen Stellen setzen und dabei an Nutzerbedürfnissen vorbei entscheiden.

Ohne einen „guten Draht“ zu Bediener:innen einer Maschine geht nichts!

Hast Du ein Beispiel bei dem deutlich wird was passieren kann, wenn die Anforderungen der Fahrer:innen bzw. Bediener:innen nicht in ausreichendem Maße Beachtung finden?

Thomas: Beispiele aus meinem eigenen Leben …

Fall #1: Raupenbagger

Ich habe mir bei Baggern häufig die Frage gestellt, will der Nutzer eine kräftige oder eher eine agile Maschine?
Tendenziell muss man sich als Konstrukteur in diesem Punkt später festlegen.

  • Frage an einen Nutzer auf einer Großbaustelle: „Warum habt ihr genau DIESE Maschine beschafft? Weil sie schnell oder weil sie kräftig ist im Vergleich zu anderen?
  • Antwort Nutzer: „Naja, das passt beides eigentlich ganz gut. Wirklicher Entscheidungsgrund war aber die gute Klimaanlage!

Der Fahrer saß in brüllender Hitze, nur mit einer Badehose bekleidet, auf dem Baggersitz. Inzwischen hatte er trotz laufender Klimaanlage die Frontscheibe hochgeschoben und die Seitentür geöffnet. Auf freier Fläche ohne natürlichen Schatten bei über 30°C im Schatten und in einer schwarz lackierten Maschinenkabine wird die Hitze zum alles bestimmenden Parameter. Das muss ein Konstrukteur erst verstehen lernen.

Fall #2: Radlader

In den 90er Jahren ist das Fahrerhaus bei einigen Herstellern auf dem Hinterwagen der Maschine, bei anderen auf dem Vorderwagen (also vor der Knicklenkung) platziert worden, anteilig etwa 50:50 bei den weltweiten Herstellern. Da die weiter hinten, also auf dem Hinterwagen angeordnete Kabine, mehr Nutzlast erlaubt, was aus Sicht der Betreiber erstrebenswert ist, gingen schlussendlich alle Hersteller dazu über, die Kabinen auf dem Hinterwagen anzuordnen. Zwischen Betreibern, Beschaffern und Herstellern herrschte Einigkeit.

Die Fahrer hatten zu dieser Zeit oft ganz andere Ansichten, fühlten sich übergangen. Beim Rückwärtsfahren ist eine Kabine auf dem Vorderwagen deutlich nutzerfreundlicher, unterstützt auf lange Sicht die Gesundheit der Fahrer und schützt die Sicherheit Dritter im näheren Umfeld besser. Heute, im Zeitalter der Rückfahrkameras und der 360°-Kamerasysteme, mit Radar und Lidar, hat sich das Thema wieder relativiert.

Hände schmutzig machen und Selbst(er)fahren!

Wenn ein Hersteller bisher noch so gar nicht „nutzerzentriert“ vorgegangen ist, nun aber starten will: Womit sollte er beginnen, was wäre ein pragmatisches Vorgehen?

Thomas: Diese Unternehmen können schnell und pragmatisch vorankommen, indem sie die Produktmanager und die Konstrukteure zum Selbst(er)fahren ermutigen. So fallen den verantwortlichen Personen schnell wichtigen Informationen zu, die dann aber noch entsprechend reflektiert werden müssen. Die eigene Wahrnehmung ist durch nichts zu ersetzen.

In einem zweiten Schritt gilt es zu netzwerken und Bauunternehmen und deren Fahrer zu finden, die sich interviewen lassen. Dabei ist mir oft aufgefallen, dass es den Bauunternehmen gar nicht so sehr um die verlorene produktive Zeit bei den Fahrern geht, sondern bereits viel Offenheit für dieses Thema besteht. Eine gut eingebundene Maschinentechnische Abteilung (MTA) des Bauunternehmens kann wertvolle Unterstützung leisten.

Erste, schnelle Statements der Nutzer können früh Klarheit verschaffen. Die Nutzer sollten dabei gern im Alter von ca. 40 Jahren oder darüber sein, da, einen dauerhaften Einsatz als Maschinenführer vorausgesetzt, die Erfahrung dieser Personen auf verschiedenen Maschinen von verschiedenen Herstellern so groß ist, dass auch rasch, aus dem Handgelenk, Vergleiche zu ähnlichen Produkten gezogen werden können.

Die Sprache der Nutzer:innen sprechen!

Thomas, Du bist passionierter Fahrer eines eigenen Baggers. Dir die Brille von Nutzenden aufzusetzen, wenn es drum geht einen Bagger weiterzuentwickeln, das fällt Dir sicher ziemlich leicht.
Zugleich hast Du sicherlich klare Vorstellungen davon, wie Du als Baggerfahrer von einem Hersteller eines Baggers behandelt werden möchtest, wie Du eingebunden werden möchtest bei der Weiterentwicklung und kontinuierlichen Verbesserung. Magst Du uns Deine Vorstellungen dazu kurz beschreiben?

Thomas: Ich versuche es mit der mir eigenen Empathie: Ich hätte gern einen Interviewpartner:in, der/die sich etwas auf meinem Gebiet auskennt. Es würde mich freuen, wenn diese Person eigene einschlägige Erfahrungen gemacht hat und mir schnell folgen kann, ohne dass ich viel , vor allem keine Basics, erklären muss. Dazu kann auch etwas Fachvokabular auf der Seite der/des Fragenden erforderlich sein.
Schon ein angemessener Gruß beim ersten Zusammentreffen kann das Eis brechen: Bergleute begrüße ich nicht mit „Guten Morgen“, sondern mit „Glück auf“.

Bei einem Interview in Deutschland vor Ort, besonders in traditionellen Unternehmen, ist ein weißer Bauhelm schnell ein Fauxpas, weil i.d.R. nur Führungspersonal diesen trägt. Auf dem Bau sind dies die Poliere (und Dienstränge darüber), im Bergbau, Tagebau und unter Tage, sind dies die Steiger (und Dienstränge darüber). Ausnahmen bestätigen die Regel: Dies ist unproblematisch, wenn inzwischen unternehmensweit weiße Helme getragen werden.
Andernfalls kann es schnell zu Verstimmungen kommen.

Insgesamt darf nichts getan werden, was die Berufsehre dieser Leute beleidigt.
Ich möchte als Interviewter

  • Wertschätzung erfahren.
  • möchte nicht belehrt werden.
  • möchte gern erfahren, was mit meinen Aussagen geschieht.
  • dass mein Interviewer auf Augenhöhe mit mir redet.
  • nicht, dass mein Gegenüber in irgendeiner Weise elitär ist bzw. wirkt.

Es kann auch die Aussage wichtig sein, dass die Geschäfts- und / oder Baustellenleitung das Interview autorisiert hat, falls dies vorab noch nicht intern geklärt worden ist.

Häufig bin ich am besten gefahren, wenn ich nicht zu viel von mir selbst erzählt habe. Während am Vortag ein Gespräch gut voran kam, als ich noch „Thomas“, per „Du“ und nur Mitarbeiter bei der Herstellerfirma war, ging es am nächsten Tag plötzlich nur schleppend weiter, nachdem Dritte von mir erzählt hatten („der hat dort was zu sagen“) und wir plötzlich wieder bei dem „Sie“ waren.

Handfeste Tipps für UX Professionals (w/m/d): beobachten, fachkundig fragen, zuhören, angemessen auftreten und Standesregeln beachten!

Magst Du uns – als UX Professionals / UX Designer (w/m/d) – noch einige Tipps geben: Was sollten wir unbedingt beachten, wenn wir mit Fahrer:innen oder Bediener:innen einer Maschine gemeinsam an deren Nutzerfreundlichkeit arbeiten wollen?

Thomas: Die Leute, z.B. auf dem Bau, im Bergbau, in der Landwirtschaft, auf dem Kommunalhof sind gut geerdete Leute, ohne Allüren.

  • Gern die Frage „darf ich Du sagen?“, was sowieso i.d.R. angenommen wird.
  • Respekt vor der Tätigkeit zeigen, nicht heucheln.
  • Nicht vorlaut sein und die Leute ausreden lassen (eigentlich Knigge-Basics).
  • Vor Ort schon persönliche Schutzausrüstung dabeihaben: Helm, Sicherheitsschuhe … etc.
  • In Pausen fragen, ob man sich zu den Leuten setzen darf.
  • Vielleicht mal mit einem Lächeln ein Bonbon aus der eigenen Jackentasche anbieten.
  • Einen Kaffee ausgeben, falls das ortsüblich ist.
  • Das Gespräch betont locker aufbauen. Stress haben diese Leute schon genug!
  • Nicht im Weg stehen, niemanden bei der Arbeit behindern.
  • Von mobilen Maschinen wegbleiben: Lebensgefahr!
  • Werbegeschenke dabeihaben: Meterstäbe (Zollstöcke), Baseball Caps, Feuerzeuge … etc.
  • Nach ehrlicher, aufrichtiger Kooperation streben.
  • Nachhaltige Verbindung anstreben, sofern es sich um gute Interviewpartner handelt.
  • Keine geschlossenen Fragen stellen!
  • Bei Bedarf neutrale Formulierungshilfen geben, aber nicht beeinflussen

Als Interviewer muss ich mein Interview als Chance verstehen. Im guten Fall springt dabei eine dauerhafte Zusammenarbeit heraus, wenn es noch besser kommt, eine Freundschaft, und die Leute sind auch ihrerseits an weiterer Zusammenarbeit interessiert.

Vielen Dank Thomas, für diese spannenden und tiefen Einblicke. Du hast mit Deinen Gedanken, Impulsen und konkreten Tipps einen wertvollen Beitrag dafür geleistet, dass die Ansprüche und Bedürfnisse von Fahrer:innen und Bediener:innen schwerer Maschinen in Zukunft noch mehr Beachtung finden werden. Und ich hoffe sehr, es war der Beginn einer Beitragsserie hier auf Nutzerbrille zu unserem gemeinsamen Thema: Mensch-Maschine-Interaktionen zusammen verbessern!

Der Beitrag Hände schmutzig machen erwünscht: Tipps zum Meiden von Stolperfallen beim Optimieren von Mensch-Maschine-Interaktionen erschien zuerst auf Nutzerbrille.