Lebendiges Miteinander mit Liberating Structures

Zusammenkünfte von Menschen sind zu häufig zäh, anstrengend und ohne konkrete Resultate. Wer dagegen erlebt, wie mühelos und ergebnisreich ein Treffen mit Liberating Structures verläuft, ist schnell von ihnen überzeugt. In den Mikrostrukturen steckt aber noch mehr als eine Handhabe für bessere Meetings. Mit diesem Artikel will ich einen Einblick geben in vier Jahre intensive Nutzung und Verbreitung und teilen, warum die Liberating Structures alle bereichern können, die sich auf den Weg gemacht haben, Arbeiten und Miteinander neu zu definieren.

Liberating Structures – ein Repertoire mit 33+ Möglichkeiten für gestaltendes Miteinander

Seit mehr als 4 Jahren nutze ich mit wachsender Begeisterung die Liberating Structures (LS). In diesem Artikel möchte ich zeigen, wie Liberating Structures durch kleine strukturelle Interventionen viel schlechte Energien umpolen können, die durch die tägliche Frustration über volle Kalender, mangelndes Engagement in Meetings, das Phrasengedresche und andere zeitraubende Rituale entstehen. 

Ich möchte die Sichtweise der Mikrostruktur (z.B ein gelungener Austausch) mit der auf das große Ganze – ein gelingendes Miteinander (manche nennen es Neues Arbeiten) verbinden und Dir Lust darauf machen, die LS alleine oder mit Anderen auszuprobieren.

Befreien durch Struktur

Alle Interaktionen von Menschen in Gruppen können mit den gleichen Gestaltungselementen – wie bei einer DNA – beschrieben werden:

Liberating Structures DNA

Schauen wir uns nun die herkömmliche Interaktion einer Gruppe an, die mit einer Präsentation arbeitet und im Anschluss zu einer offenen Diskussion einlädt:

Liberating Structures Presentation DNA

Die Präsentation zeichnet sich durch Einschränkung der Partizipation aus – die Anwesenden werden hier auf die Zuhörerrolle reduziert. Was – wenn sich die/der Redner*in kurz fasst – erstmal kein Problem darstellen muss. 

Häufig kommt danach aber die offene Diskussion, die sich durch Unter-Strukturierung der Teilhabe/gabe auszeichnet:

Liberating Structures Offene Diskussion DNA

Die Auswirkungen der mangelnden Strukturierung der Beteiligung:
Die Lauten bekommen übermäßig Gehör; die Gruppe verliert sich in Rede und Gegenrede, es bleibt im Dunklen, wie / wer mit dem Geäußerten arbeitet.

Es bieten sich einige LS an, etwas anderes nach einer Präsentation zu machen, um die Gruppe besser zu nutzen. Das Schweizer Taschenmesser unter ihnen ist 1·2·4·All – eine Struktur, die sich sowohl für das Hervorbringen von Vielfalt als auch für das Fokussieren auf eine Fragestellung eignet.

Liberating Structures 1-2-4-all DNA

Wenn die Intention der Präsentation klar ist, kann 1·2·4·All dazu genutzt werden, alle Anwesenden bei der Formulierung nächster Schritte einzubeziehen. So können z.B. produktiv Ideen gehört werden zu etwas, mit dem man gerade kämpft oder ihr könnt herausfinden, was noch fehlt oder nicht bedacht wurde.

Alle Strukturen sind nach demselben Muster und auf eine für jeden verständliche Weise beschrieben. Die Kunst ist die Auswahl der Struktur aus dem LS Menue, die zum jeweiligen Anliegen passt. Als Hilfestellung gibt es zu jeder LS einen Satz, der zusammenfasst, was sie regelmäßig ermöglicht. Es gibt einen Matchmaker mit dem man Anliegen der jeweiligen Struktur zuordnen kann – oder man nutzt gleich die App.

Miteinander lässt sich gestalten!

In meiner eigenen Praxis habe ich die Liberating Structures zunächst als sehr klar organisierte Sammlung verstanden, die mich in meiner Arbeit mit Gruppen unterstützt. Mein wichtigstes Learning in dieser Phase war: Ich kann mich darauf verlassen, dass eine LS das macht, was in ihrer Zusammenfassung steht – das gibt viel Sicherheit, sich mit Gruppen auch an neue Strukturen zu wagen.

Gelingende Arbeit von Gruppen zu ermöglichen ist mein Job – aber was ist dann, wenn für Auftraggeber ein Anliegen nicht so kritisch ist, dass man jemanden wie mich dazu holt? Das habe ich damals etwas verkopft und allgemein hier zusammengefasst. Credo: Miteinander lässt sich gestalten und es gibt bewährte Arten, das zu tun. #MakeMeetingsGreatAgain oder so ähnlich.

Ohrwurm für gelingendes Miteinander

Von hier aus weiter gedacht begann meine missionarische Phase, die immer noch andauert. Heute verwende ich in Gruppen weitestgehend Liberating Structures. Ich mache den Ablauf und die verwendeten Strukturen transparent über Journale für jeden Teilnehmer, in denen es zu jeder Struktur eine Doppelseite für die Arbeit mit der Struktur und individuelle Reflexionen gibt. In der digitalen Dokumentation verlinke ich die verwendeten Strukturen. 

Das hat meine Rolle verändert: Ich bin nicht mehr Facilitatorin sondern Impulsgeberin für anderes Arbeiten – jeder Workshop wird so zum Erlebnis- oder Lernraum befreiender Strukturen, mit dem Ziel, den Teilnehmern einen Ohrwurm für gelingendes Miteinander mitzugeben.

Wenn Liberating Structures die Antwort sind – was war die Frage?

Diesen Theorie-Exkurs haben mir kleine Dämonen eingeflüstert; Praktiker springen zur nächsten Überschrift.

Liberating Structures Tiny Demons

Tiny Demons zu meinen Befürchtungen, andere zur Nutzung der LS einzuladen – das Arbeitsblatt findet ihr in den Visual Organizers for LS Global Gathering.

Glaubt man Henri Lipmanowicz, einem der beiden Kuratoren der Liberating Structures, dann gibt es ihn nicht, den einen Halbsatz, der auf befriedigende Weise weitermacht bei “Liberating Structures sind …”. Besser in ein Gespräch einsteigen und erkunden, wie LS die ganz konkreten Interaktionen gelingender gestalten können.

Die Beschäftigung mit der ‘Complexity Science’ war eine frühe Inspiration für Henri Lipmanowicz und Keith McCandless. Den LS liegen 10 Gestaltungsprinzipien zugrunde, die Komplexität produktiv nutzbar machen:


Screenshot von http://www.liberatingstructures.com/principles/
Liberating Structures 10 Principles

Liberating Structures nutzen Vielfalt von Gruppen, um produktiv mit Komplexität umgehen zu können, ohne zu simplifizieren oder Bereiche, die nicht ins Bild passen, auszublenden.


Sie ermöglichen Neues Arbeiten, indem sie das Miteinander lebendig gestalten. Sie sind alles zusammen: Toolset, Skillset und Mindset.

Neues Arbeiten durch Liberating Structures

Ein Erfahrungsfeld für die Liberating Structures war für mich länger dadurch verstellt, dass sie ein Teil der Dienstleistung sind, die ich für andere erbringe. Als Prozessbegleiterin wähle ich die passende Struktur aus & führe hindurch. Platt gesagt: ich mache nicht mit.

Viele der Zusammenkünfte, die wir im (Arbeits)-Alltag haben, spielen sich eher in kleiner Runde ab. Hier sind wir oft noch gefangen in eingeübten dualen Kommunikationsmustern – Pro & Contra, Überzeugen und Nachgeben, Recht haben, falsch liegen. Einmal in diesem Muster, ist es schwer, zu wechseln, Widersprüchlichkeit und Vielfalt auszuhalten und offen zu sein für Exploration, gemeinsames Gestalten oder gegenseitige Hilfestellung.

Inzwischen – dank der Berliner Usergroup, einer sehr lebendigen globalen Gruppe auf Slack und des Global Gatherings – kenne ich einige Menschen, die so zuhause in den LS sind, dass wir die Entscheidung für den Prozess/die Struktur gemeinsam treffen, die einzelnen Schritte so gut kennen, dass wir niemanden brauchen, der uns hindurch leitet, und wir alle ganz teilnehmen können. Hier zum Ansehen:

  • Ein Ausschnitt eines Troika-Consulting zusammen mit Marco Zbinden & Stefan Stahl von Futurenow, das wichtige Impulse für diesen Artikel geliefert hat. 
  • Die dank – virtuellem TRIZ – befreiende Auseinandersetzung mit meiner Schreibblockade für diesen Artikel, die wir spontan hinterhergeschoben haben.

Die Struktur ist unser Facilitator und wir entscheiden gemeinsam, welche wir in der jeweiligen Situation brauchen.

Mit mehreren Menschen, die ein paar Liberating Structures kennen, entsteht eine Kultur des täglichen Miteinanders, in der die Verantwortung für den gemeinsamen Prozess geteilt wird. 

Wäre es nicht großartig, wenn es bei Euch auch so ist, dass ihr Euch auf Treffen freut, weil sie inspirierend, ergebnisreich und lebendig sind? Also legt los und befreit euer Miteinander mit Struktur!

Hier einige Vorschläge, wie Ihr loslegen könnt, wenn ihr Lust darauf bekommen habt, die Liberating Structures auszuprobieren:

Mit Liberating Structures allein loslegen

  • Kommt zu einem Treffen einer LS User Group in Eurer Nähe.
  • Schnappt Euch ein Vorhaben, das ihr hegt (z.B. etwas, was ihr schon lange vor Euch her schiebt oder eine Sache, die Euch viel bedeutet weil sie mit vielen Dingen, die Euch wichtig sind, zusammenhängt) und macht TRIZ allein und besprecht später mit Freunden/Partnern, die Sachen, die ihr lassen möchtet & wie das Euch gelingt
  • Weitere Strukturen, die man auch allein mit leichten Anpassungen durchführen kann: Ecocycle · Drawing Together (alone) · What, So What, Now What · 15% Solutions · 9 Whys.

Liberating Structures im Arbeitsalltag nutzen

Macht nach einer klassischen Präsentation Impromptu Networking zu “Was nehme ich mit? Welche Fragen/Ideen sind entstanden?” und danach 1-2-4-All zu: “Was habe ich im Austausch gehört, das ich gerne mit Allen teilen möchte?” oder alternativ zu diesen beiden Formaten gleich What, So What, Now What – das ist dreimal hintereinander 1-2-4-all mit unterschiedlichen Fragestellungen.

Liberating Structures mit Freunden und Kollegen erkunden

Probiert die LS mit Troika Consulting zu einem zwischenmenschlichen Thema aus.

Liberating Structues mit anderen üben, die schnell eine Praxis ausbilden möchten 

So wie alles, dass sich leicht erlernen läßt, ist das A & O für die Praxis: Üben, üben, üben. Bei der Facilitation Academy Berlin gestalte ich mit Kolleginnen Workshops, in denen ihr in die LS eintauchen könnt und euch mit anderen austauschen und vernetzen könnt, die die LS für die Leitung, Begleitung und Anleitung von Menschen nutzen wollen. Das nächste Seminar zu Liberating Structures ist am 10./11.Dezember: http://bit.ly/LSeintauchen

DISCLAIMER

Für die Vorbereitung dieses Artikels verwendete LS (einige davon in Development):  Tiny Demons +++ Troika Consulting +++ Triz +++ Mad Tea (Version für virtuelle Treffen). 
Liberating Structures sind lizensiert mit einer
Creative Commons License


Der Beitrag Lebendiges Miteinander mit Liberating Structures erschien zuerst auf Komfortzonen.

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Pixaloop. Once in a while you find a gem. Pixaloop offers a clever way to add mesmerising animations to photos and paintings. The example above shows how Westminster in the Moonlight by John Atkinson Grimshaw (1880) can be turned into a moody loop with the flowing river Thames and drifting clouds. The animation is defined by the combination of vector strokes and fix points that do not move at all.

Some more examples and experiments by myself on twitter: Strong WindsVenus and Aeneas | red mural girl | Borsig Berlin | Helgoland  

The basic version is free. A subscription offers even more features like rotating spiral areas. But the fee is  is quite high.

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