Was wäre, wenn alles was wir für mehr glückliche Momente in unseren Leben benötigen, die richtigen Gewohnheiten sind? Naja, ganz so einfach ist es nicht, aber die Idee, die dahinter steckt, hat durchaus Substanz. Im Folgenden erfährst du, wie der Ausstoß unserer Glückshormone ausgelöst wird und welche gesunden Gewohnheiten du dir aneignen kannst, um deren Freisetzung zu erhöhen und mehr positive Emotionen zu erleben.
Wie funktionieren unsere Glückshormone?
Aus evolutionärer Sicht hat unser eigenes Überleben die höchste
Priorität. Dazu gehören u. a. Nahrung, physische Sicherheit und soziale
Unterstützung. Um das zu erreichen, schüttet das Gehirn chemische Stoffe aus,
die einen Drang und eine natürliche Prioritätensetzung für Handlungen erzeugen:
Wenn du hungrig bist, ist das Hungergefühl wichtiger als weiter mit deinem
Freund*in zu kuscheln.
Serotonin, Dopamin, Oxytocin und Endorphine sind Hormone,
die, wenn sie ausgeschüttet werden, eine positives Emotion triggern. Dieser
Glückszustand hält nur kurze Zeit an, denn es ist nicht hilfreich für das
Überleben, wenn man sich durchgehend im Rausch befindet und den Löwen, der sich
einem nähert, nicht sieht. Die Evolution hat uns nicht auf das Glücklichsein
hin optimiert, sondern auf unser Überleben. Glücksgefühle also nur ein Weg,
dieses Ziel zu erreichen.
Adrenalin betrachte ich in diesem Zusammenhang nicht als
Glückshormon, da es ausgeschüttet wird, wenn etwas Wichtiges (Gutes wie Schlechtes)
passiert, das überlebenswichtig ist und unsere Energie erfordert.
Im Gegensatz zu weniger komplexen Gehirnen, wie z. B. dem
einer Eidechse, sind unsere menschlichen Gehirne nicht „hart codiert“, sondern
können aus Erfahrungen lernen und wir können unser Verhalten anpassen. Wenn dein
Ziel ist, in deinem Leben möglichst viele Glücksmomente zu erleben, lohnt es
sich auf jeden Fall, über Gewohnheiten nachzudenken, die positive Gefühle
hervorrufen. Eine sehr gute Einführung in die Wissenschaft des Glücks hat
Marcel Jünemann in diesem
englischen Post geschrieben.
Es bleibt die Frage, was die die Botenstoffe freisetzt und
wie man sie regelmäßig durch Gewohnheiten auslösen kann. Natürlich ist unser
Leben bereits stark von ihrer Ausschüttung geprägt. Um nur ein paar Beispiele
zu nennen:
- Wir lieben es, durch unseren Instagram-Feed zu
scrollen (Oxytocin),
- wir kaufen teure Uhren, Smartphones, Autos usw.,
um unsere Mitmenschen zu beeindrucken (Serotonin) und
- spielen Handyspiele, die stark auf ein
Belohnungssystem, z.B. durch das Aufsteigen in einem Levelsystem, setzen
(Dopamin).
Dies sind einige der ungesunden Muster, zu denen uns unsere Hormone verleiten. Aber wir haben die Wahl: wir können unsere Gewohnheiten ändern. Es gibt bereits zahlreiche Artikel und Bücher darüber, wie man alte Gewohnheiten loswerden und neue in den Alltag integrieren kann. An dieser Stelle möchte ich den Fokus auf unsere Glückshormone und einige gesunde Gewohnheitsmuster, mit denen wir ungesunde Gewohnheiten ersetzen können, legen.
Dopamin
Wenn wir etwas erreichen, das ein Bedürfnisse befriedigt,
wird Dopamin freigesetzt und ein Gefühl der Freude entsteht. Motiviert durch
die Aussicht auf Vergnügen, bringt es uns sogar dazu, große, anstrengende Herausforderungen
anzugehen.
Das kann die Suche nach Beeren, eine erfolgreiche Jagd oder
ein sicherer Platz zum Schlafen in der Nacht sein. Ein Äquivalent in der
modernen Welt ist die Erledigung einer Aufgabe bei der Arbeit, eine Hausarbeit
oder eine Abschlussarbeit für ein Studium.
Wie du Dopamin-Gewohnheiten aufbaust
Feier kleine Siege
Sage zu dir selbst “Ich habe es geschafft”, wenn du
einen Erfolg erzielst. Das mag anfangs schwierig und etwas seltsam erscheinen,
aber: wenn du danach suchst, wirst du etwas finden, wofür du dich feiern kannst.
Es geht darum, deine Erwartungen anzupassen, damit du dich über die Dinge
freuen kannst, die du tatsächlich tust. Das kann z.B. der Abwasch, eine Runde
joggen gehen oder das Schreiben einer E-Mail an einen Kollegen sein. Durch das
Feiern vieler kleiner Erfolge wird viel mehr Dopamin ausgeschüttet als durch
einen großen Erfolg – warum solltest du dich nicht auf dem Weg dorthin
glücklich fühlen?
Geh in kleinen Schritten auf ein größeres Ziel zu
Nimm dir jeden Tag 10 Minuten Zeit, um etwas zu tun, das auf
ein größeres Ziel hinarbeitet. Auf diese Weise kann eine Eigendynamik entstehen
und du wirst feststellen, dass es nicht viel Zeit oder Geld braucht, um einem
Ziel näher zu kommen. Vergiss aber nicht, geistig in die Gegenwart
zurückzukehren. Es ist nicht gesund, sich gedanklich dauerhaft in der Zukunft
zu bewegen.
Eine weitere Möglichkeit, sich dies zunutze zu machen,
besteht darin, eine unangenehme Aufgabe in viele kleine Aufgaben aufzuteilen
und jeden Tag eine davon in Angriff zu nehmen.
Justiere immer wieder deine Messlatte
Wir mögen Herausforderungen, die einen anspruchsvollen Sweet Spot treffen. Sie sollten also weder zu leicht noch zu schwer sein. Stell dir zum Beispiel einen Basketballkorb vor – wenn er zu niedrig aufgehängt ist, macht es keinen Spaß, Bälle hineinzuwerfen. Aber wenn er zu hoch hängt, haben wir keine Motivation, es überhaupt zu versuchen. Es ist der Bereich dazwischen, der die Herausforderung schafft, die wir lieben. Versuch also, dein Anforderungsniveau dort niedriger zu legen, wo du dir unmögliche Ziele gesetzt hast, und den Schwierigkeitsgrad dort zu erhöhen, wo du ihn zu niedrig angesetzt hast. So wirst du jedes Mal ein Gefühl von Belohnung verspüren. Du kannst das z.B. bei deinen Koch- oder Trainingszielen ausprobieren.
Oxytocin
Unsere Vorfahren profitierten in hohem Maße von der Stärke
der Gruppe. Deshalb hatten Menschen mit stärkeren sozialen Bindungen eine
höhere Überlebenschance und Oxytocin unterstützt diesen Aspekt: Es gibt uns ein
Gefühl der Sicherheit in Gesellschaft und motiviert uns, anderen zu vertrauen.
Es wird ausgeschüttet, wenn wir jemandem nahe sind, sei es
körperlich, emotional, intellektuell oder auf andere Weise. Daher spielt es
auch in romantischen Beziehungen eine wichtige Rolle.
Wie du Oxytocin-Gewohnheiten aufbaust
Sei vertrauenswürdig
Ein Auslöser für Oxytocin ist Vertrauen – aber nicht nur,
wenn wir anderen Personen vertrauen. Es funktioniert auch umgekehrt: Du fühlst
dich gut, wenn dir jemand vertraut. Wenn du anderen die Möglichkeit gibst, dir zu
vertrauen, kannst du einen höheres Maß an Oxytocin genießen. Hier gilt es
allerdings, etwas Vorsicht walten zu lassen und sich nicht selbst zu
vernachlässigen um anderen zu helfen. Versuch also, dich an deine Verpflichtungen
zu halten. Das kann auch bedeuten, dass du dich bemerkbar machst, wenn du mit
etwas nicht einverstanden bist.
Gönn dir eine Massage
Angenehmer Körperkontakt setzt ebenfalls Oxytocin frei. Also
lass dich massieren! Dafür musst du nicht mal viel Geld ausgeben. Du kannst
- dich mit einem Massagepartner zum gegenseitigen Massagen-Austausch
zusammentun,
- durch den Besuch eines Massagekurses deine
Fähigkeiten verbessern oder
- dich selbst massieren, zum Beispiel mit der
Qigong-Methode, die mithilfe von Videos leicht zu erlernen ist.
Interagiere mit Menschen
Auch Gruppen geben uns auch ein Gefühl von Nähe, also suche die soziale Interaktionen mit Menschen, die dir nahe stehen. Organisiere zum Beispiel einen Spieleabend mit Freunden, triff dich sich zu einem langen Spaziergang mit jemandem, den du magst oder besuche deine Familie. Sollte dies aufgrund einer Pandemie oder aus Entfernungsgründen nicht möglich sein, kannst du über virtuelle Alternativen nachdenken. Das fühlt sich zwar nicht ganz so nah an, aber letztlich kommt es auf die Qualität und nicht auf die Quantität der sozialen Interaktion an (es gibt einen sehr guten TED-Talk zu diesem Thema). Um dies zur Gewohnheit werden zu lassen, setze dir ein Ziel, zum Beispiel mind. eine bewusst erlebte soziale Aktivität pro Woche.
Serotonin
Ein hoher Status in einer Gruppe oder in einer Gesellschaft
hat in der Vergangenheit die Überlebens- und Fortpflanzungschancen erhöht. Hier
kommt Serotonin ins Spiel: es löst eine positive Emotion aus, wenn du dich von
anderen respektiert fühlst. Daher motiviert es dich auch, dir Respekt zu
verschaffen.
Du denkst vielleicht, dass dir sozialer Status nicht wichtig
ist, aber unsere evolutionär bedingten Verdrahtungen sind immer noch vorhanden
und unser Gehirn handelt so, als ob unser Leben unmittelbar von der
Aufmerksamkeit anderer abhängt (was in der Vergangenheit tatsächlich der Fall
war).
In einem Experiment waren Schimpansen bereit, Futter zu
tauschen, “nur” um ein Foto des Alpha-Schimpansen in ihrer Gruppe zu
sehen und scheinbar seine Aufmerksamkeit zu bekommen (was ebenfalls Serotonin
auslöst).
Ein weiteres Beispiel findet sich in Hotels und Restaurants:
Das Servicepersonal ist freundlich zu dir, da es dir ein Gefühl des Respekts
vermittelt und du dich besser fühlst.
Wie du Serotonin-Gewohnheiten aufbaust
Zeige deinen Stolz auf das, was du erreicht hast
Stolz zu zeigen ist zweischneidig, da es schnell als
arrogant wahrgenommen werden kann. Für uns fühlt sich aber etwas falsch an,
wenn wir von anderen nicht anerkannt werden. Versuche also, regelmäßig zu
jemandem zu sagen: “Sieh mal, was ich gemacht/erreicht habe”. Du
wirst vielleicht enttäuscht sein, wenn du nicht immer den erhofften Respekt bekommst,
aber das sollte dich nicht davon abhalten, es am nächsten Tag erneut zu
versuchen.
Nimm deinen Einfluss wahr
Die Sehnsucht nach sozialer Bedeutung und danach, Einfluss
auf unsere Umgebung zu nehmen, ist tief in unserem Gehirn verankert. Manche
Menschen erreichen dies auf ungesunde Weise, beispielsweise indem sie andere
verletzen, um ihren eigenen Einfluss auf die Welt zu spüren. Ein besserer Weg
wäre es, den Einfluss, den man bereits auf andere hat, zu schätzen. Das ist am
Anfang nicht leicht, aber in diesem Moment ist die Wahrscheinlichkeit groß,
dass man dich bereits respektiert. Das bedeutet nicht, dass du es verbalisieren
und anderen sagen solltest: “Ich hab’s dir ja gleich gesagt”.
Versuche eher, deinen subtilen Einfluss auf andere zu bemerken und diese schöne
Gefühl zu genießen.
Bei der Kindererziehung gibt es in diesem Zusammenhang ein
interessantes Phänomen: Eltern haben oft das Gefühl, dass sie keinen Einfluss
auf ihren Nachwuchs haben. Wenn sie aber wüssten, wie groß ihr Einfluss
tatsächlich ist, würden sie viel stärker darauf achten, ihre Vorbildfunktion zu
leben.
Schließe Frieden mit etwas, das du nicht kontrollieren kannst
Unsere Gehirn liebt das Gefühl, die Kontrolle zu haben.
Ironischerweise ist das Einzige, worüber wir tatsächlich die Kontrolle haben,
das, was in unserem eigenen Kopf passiert: unsere Gedanken, Erwartungen und
Reaktionen auf Dinge, die außerhalb von uns passieren. Sobald wir dies
akzeptiert haben, wissen wir, was wir ändern können und wofür wir
verantwortlich sind. Das kannst du erreichen, indem du selbstreflektierst und dich
immer wieder daran erinnerst. Alternativ kannst du dich mit Bedingungen
umgeben, in denen du nicht die Kontrolle hast. Wenn du also jemand bist, der
versucht, das perfekte Essen zu kochen, könntest du z.B. regelmäßig nicht mehr
nach Rezept kochen. Wenn du eher ein Freestyle-Koch bist, versuche, ein Rezept
Schritt für Schritt zu befolgen.
Der Stoizismus folgt genau dieser Idee, zu wissen, was wir unter Kontrolle haben. Ein empfehlenswertes Buch über Stoizismus ist Der tägliche Stoiker von Ryan Holiday.
Endorphin
Wenn du vor einem Löwen wegläufst und dich dabei verletzt,
ist es das Beste, weiterzulaufen. Endorphin hilft dir dabei, dieser Gefahr zu
entkommen, da es das Schmerzempfinden temporär unterdrückt und bei Verletzungen
ein euphorisches Gefühl erzeugt.
Ein Runner’s high ist in diesem Zusammenhang ein häufiges
Phänomen. Wir kommen an unsere Grenzen (d. h. wir verletzen uns) und es werden
Endorphine ausgeschüttet.
Wie du Endorphin-Gewohnheiten aufbaust
Lache bewusst
Nein, wirklich – es funktioniert! Lachen löst Endorphine
aus, wenn sich Ihr Inneres zusammenzieht. Es ist eine Befreiung von Angst.
Finden Sie also heraus, was dich zum Lachen bringt und nimm dir Zeit dafür. Was
nicht funktioniert ist, sich über andere lustig zu machen – es muss ein echtes,
authentisches Lachen sein. Nur äußerlich zu lachen mag hilfreich sein, um in die
Stimmung zu kommen, aber letztlich willst du auch innerlich lachen und es
wirklich spüren, um Endorphine freizusetzen.
Variiere deine Sportübungen
Da Endorphine freigesetzt werden, wenn wir uns anstrengen,
sind unsere sportlichen Aktivitäten eine gute Möglichkeit, deren Freisetzung
auszulösen. Du könntest also etwas tun, was du noch nie getan hast. Wenn du
schon regelmäßig Sport machst, fühlst du dich vielleicht etwas unbeholfen, aber
das ist ein Zeichen dafür, dass du an deinen Schwachstellen arbeitest – und das
ist super! Wenn du nur selten oder gar keinen Sport machst, wird alles, was du
tust, neu für Sie sein, also musst du nur damit anfangen.
Regelmäßiges Stretching
Dehnübungen setzen ebenfalls Endorphine frei. Das Tolle
daran ist, dass es gesund ist und sich leicht in den Alltag integrieren lässt. Du
kannst dich stretchen, während du in einer Schlange wartest, mit einem Freund
telefonierst oder während einer Pause bei der Arbeit.
Für die erfolgreiche Integration einer dieser Gewohnheiten empfiehlt
es sich, eine Gewohnheit nach der anderen zu übernehmen und sie über einen passenden
Zeitraum täglich anzugehen, z.B. 45 bis
90 aufeinanderfolgende(!) Tage. Du wirst dabei wahrscheinlich deine Komfortzone
verlassen und es wird sich beim ersten Mal nicht wirklich gut anfühlen. Dein
Gehirn muss sich erst daran gewöhnen und das braucht Zeit. Sobald du dir aber
die Gewohnheit zu eigen gemacht hast, sind die entsprechenden Pfade und Bahnen
in deinem Gehirn aufgebaut und deine Glückshormone fließen leichter.
Positive Emotionen spielen eine wichtige aber nicht die
einzige Rolle für unser Glück. Es geht hier vielmehr darum, sich gesunde
Gewohnheiten anzueignen, die einem regelmäßig einen Glücksschub geben.
Ein tolles Buch, das ich im Zusammenhang mit gesunden Happy-Gewohnheiten empfehlen kann, ist Habits of Happy Brain von Loretta Graziano Breuning.
Titelbild: Simon Maage auf unsplash
Der Beitrag Happy Habits – oder wie du mehr glückliche Momente genießen kannst erschien zuerst auf Employee-Experience.de.