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Interview Montforter Zwischentöne

»Hat die Königin von England daraus getrunken oder Sven Klomp?«

 

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Wer mit dem Szenographen Sven Klomp eine Exkursion durch die Stadt macht, der kann auch mal mit geschlossenen Augen rückwärts gehen und dabei Neues entdecken. Im Interview fragen wir ihn, was es mit dem Gewöhnlichen auf sich hat, was man bei der Exkursion »Die Entdeckung von Feldkirch« erlebt und warum es um Geschichten geht und nicht um Exponate.

 

Die Stadt neu wahrnehmen und ausstellen in 240 Minuten – Hand aufs Herz: Wie soll das gehen? Sind bei Ausstellungen nicht Kuratoren monatelang am Werk?

Ja, und das ist doch das Schöne, dass hier niemand Kurator sein muss – und jeder es trotzdem ist. Jede und jeder kann mitmachen. Statt eine Ausstellung zu besuchen, erarbeiten die BesucherInnen ihre Ausstellung selbst. Aber zurück zu deiner Frage – vielleicht stellen wir sie anders. Worum geht es denn bei Ausstellungen? Letztlich ist es eine Kontextualisierung von Objekten. Ein Objekt, beispielsweise ein Glas, erhält dann eine Bedeutung, wenn eine Geschichte dazu erzählt wird. Hat die Königin von England daraus getrunken oder Sven Klomp? Wir halten diesen Gedanken also einmal fest: Die Geschichten sind das, was eine Ausstellung ausmachen. Geschichten erzählen, das kann schließlich jeder. Und wenn wir es schaffen, unseren Blick zu öffnen, dann lauern hier draußen, direkt vor unserer Tür, Millionen von Geschichten, die es nur einzufangen und dann auszustellen gilt.

Der Titel deines Projekts, das du schon in mehreren Städten wie Hamburg oder Kiel umgesetzt hast, lautet »Aufmerksam für das Gewöhnliche«. Wie schafft man denn diese Aufmerksamkeit?

Auf dem Spaziergang mit der gesamten Gruppe schärfe ich als Leiter die Aufmerksamkeit. Wir werden rückwärts laufen, die Augen schließen, Linien bilden, im Kreis gehen und so weiter. Das hat natürlich auch etwas von Performance im öffentlichen Raum. Was ich spannend dabei finde: Dadurch, dass man diesen Spaziergang, gemeinsam erlebt, öffnen sich die Teilnehmerinnen für neue Wahrnehmungen. Die Assoziationen mit dem, was zu sehen ist, reichen dann von Liebesgeschichten bis hin zu Gedanken zum Sterben. Es ist besonders für die Teilnehmer ein intensives Erlebnis. Aber jedes Mal ist es natürlich komplett anders, und ich bin gespannt, was in Feldkirch alles passieren wird.

Wenn ich auf dem Spaziergang beispielsweise eine Bierflasche finde, kann ich diese dann ausstellen? Oder soll ich Fotos machen?

Welchen Teil von unserem Spaziergang und vor allem wie die Teilnehmer diesen ausstellen, ist völlig offen. Es gibt die Möglichkeit, Fotos zu drucken, aber auch Videos und Sounds abzuspielen und ja, man kann auch die Flasche selbst ausstellen. Oder es bleibt bei einer Erzählung. Alle Exponate haben aber etwas gemeinsam: Eine Geschichte, die zusammen mit dem gewählten Medium vermittelt wird.

karte-feldkirchWie lässt sich eigentlich ein Weg ausstellen?

Ich bin ein großer Fan von Klebeband. Wir werden, so gut es geht, den Weg wie auf einer Karte im Montforthaus aufkleben. Die Teilnehmer stellen ihre Geschichten dann an dem Punkt dieser Wegmarkierung aus, wo sie diese gefunden haben. Der Große Saal könnte also die Marktgasse sein, die Treppe der Ganahl-Steg und der Kleine Saal das Vorarlberger Landeskonservatorium. Den Weg kann man übrigens schon auf Google Maps finden.

Was ist für dich die schönste Erfahrung bei diesem Projekt?

Ich denke, es ist eine ganz wunderbare Erkenntnis, dass eine Gruppe von Menschen ein und denselben Weg geht, aber für die unterschiedlichsten Dinge aufmerksam sein kann. Genau dieser Reichtum an Perspektiven wird in der Ausstellung erlebbar.

»Hat die Königin von England daraus getrunken oder Sven Klomp?«