Was mich da so sicher macht? Vieles. Vor allem:
Immer mehr UX Professionals (w/m/d) nehmen die Berufsbezeichnung User Researcher:in ein.
Im Branchenreport der German UPA (Berufsverband der UX/Usability Professionals in Deutschland) weist diese Rollenbezeichnung eine aufsteigende Entwicklung in der jährlichen Abfrage („Branchenreport“) der verwendeten Berufsbezeichnungen auf:
- 2019 – Platz 4
- 2020 – Platz 5
- 2021 – Platz 3
- 2022 – Platz 3
- 2023 – Platz 2
2024 Platz 1? Eher nicht. Aber:
Im Ranking der inhaltlich eindeutigen Berufsbezeichnungen haben User Researcher:innen schon heute den 1. Platz für sich sicher. Der „Platzhirsch“ im Ranking der Berufsbezeichnungen ist seit Jahren die/der UX Designer:in, eine generischen Rollenbezeichnung, die viele unterschiedliche Aufgaben umfasst, die für alles stehen kann, was das Gestalten von positiven Erlebnissen in der Nutzung digitaler Produkte und Services umfasst:
- Interaktionsdesign und Informationsarchitektur
- Planung, Koordination und Überwachung des Gestaltungsprozesses
- Research und Testing
- visuelles Design und Interface-Design
Was meine Zuversicht beflügelt: Es gibt immer mehr „Head of User Research“!
Die Suche nach „Head of User Research“ in LinkedIn ergab im Juni des Jahres 2024 um und bei 100.000 Personen. Davon arbeiten 5.900 in einem Unternehmen, das in Deutschland aktiv ist. Setzt man den Filter England / UK, dann erscheint eine Liste mit 16.000 Personen – und das in einem Land, welches zum Zeitpunkt der Suche ein im Vergleich zu Deutschland um ca. 1.000 Milliarden $ geringeres Bruttosozialprodukt aufweist.
Für mich sind diese Unterschiede wenig verwunderlich. Seit Jahren sind die Ausgaben für Marktforschung in Großbritannien hoch, übersteigen jene in Deutschland um das 2-3fache. Sicherlich keine klare Wirkungskette, denn Marktforschung umfasst weit mehr wie (nur) „User Research“, aber durchaus ein Zeichen dafür, dass in Großbritannien mehr Umfragen, Tests und Gruppendiskussionen stattfinden.
Warum ist das so? Und ist das ein Indikator dafür, dass auch in Deutschland der Trend zu mehr User Researcher:innen bestehen bleibt?
Ich würde das sehr begrüßen. Und ich glaube, dass wir UX Professionals (w/m/d), Markforscher (w/m/d) und (Online) Marketer dazu einen großen Beitrag leisten können.
Es lohnt sich für researchbasiertes UX Design zu werben!
Wir sollten weiter werben für ein researchbasiertes UX Design, sollten UX Design größer machen, politischen Entscheidungsträger:innen deutlich machen, dass erfolgreiche digitale Services und Dienste insbesondere im public sector nur gelingen, wenn Bürger:innen bei deren Gestaltung endlich einbezogen werden (müssen), und wir sollten die Interessen der UX / Usability Branche in unseren Parlamenten intensiver vertreten. Dass uns das gelingen wird, da bin ich mir ebenfalls 100% sicher.
Was mich so sicher macht?
Immer noch sind die meisten Pioniere einer privatwirtschaftlichen UX / Usability Forschung, die in Deutschland in den Jahren 1999 und 2000 startete, engagiert, tätig und motiviert: Sabrina Duda, Tara Bosenick, Marcus Plach, Gesine Quint, Knut Polken, Franz Koller, Torsten Bartel, Ronald Hartwig, Markus Völkl – um nur einige namentlich zu nennen.
Jenen Pionieren stehen inzwischen zahlreiche junge, sehr bekannte Botschafter:innen für ein researchbasiertes UX Design sowohl in unseren Unternehmen als auch auf Seiten der Dienstleister, Agenturen und Institute zur Seite. Gemeinsam und im Geiste vereint, wird es uns gelingen für researchbasiertes UX Design weiter zu werben und endlich auch die Frage aller Fragen zu beantworten:
User Research – Inhouse, integriert oder extern, vom Dienstleister erbracht?
Die Antwort ist, und ja es muss sein: „Es kommt drauf an!“ – aber hey, liebe Entscheider:innen, nehmt noch etwas mit: „Nehmt euch stets die Freiheit und Flexibilität mal intern und mal extern zu forschen. Je nachdem, wie die Rahmenbedingungen sind!“.
Die richtigen Dinge richtig gut zu beforschen, das können beide, wenn …
- der externen Dienstleister die Hintergründe der Untersuchungsfragestellungen verstanden hat, wenn er vom Auftraggeber abgeholt und gebrieft wurde, wenn er bezahlte Zeit hat sich in die Untersuchungsfragestellungen hineinzudenken, sie zu durchdenken, zu hinterfragen, zu überarbeiten und zu vereinbaren.
- die/der interne User Researcher:in fähig ist die richtige Methode und die richtigen Erhebungsverfahren auszuwählen, richtig gut anzuwenden, unbefangen und neutral zu handeln – wenn er/sie erfahren ist, sich stetig weiterbildet und den kollegialen Austausch mit anderen User Researcher:innen sucht und pflegt.
Beides ist wirksam, sinnvoll, beides liegt im Trend. Das zeigt nicht zuletzt der Blick auf die heutigen Rollen und Tätigkeitsfelder der Pioniere der privatwirtschaftlichen UX Forschung in Deutschland: Einige sind auf Kundenseite gegangen und bauten dort erfolgreiche, interne und integrierte UX / User Research Teams auf. Andere wiederum integrierten ihre Agentur, wie ich selbst auch die eresult GmbH, in ein großes Netzwerk. Viele erweiterten die pure UX Forschung um verbundene Design- und Entwicklungsleistungen, bauten ihre (Forschungs-)Unternehmen aus zu erfolgreichen Designagentur.
Sie alle eint die Erfahrung (bei weitem nicht mehr nur der Glaube!), dass gutes UX Design ohne User Research und UX Testing nicht gelingen kann. Gut so – denn diese Vielfalt im Wirken der UX Pioniere brachte und bringt auch in der Zukunft viele unterschiedliche Erfolgsgeschichten und zeigt deutlich, wie etabliert researchbasiertes UX Design inzwischen auf unterschiedlichen Ebene und in unterschiedlichen Facetten ausgestaltet werden kann.
Lasst uns UX Design größer machen!
Wie? Nun, auch das ist eigentlich ganz einfach:
Wir UX Professionals lieben was wir tun. Wir sind offen, kollegial, teilen unsere Erfahrungen und wirken nachhaltig. Wir kommen gerne zusammen. All das ist wunderbar.
Mit all dieser Freude und Liebe zu unserem Job ausgestattet, möchte ich euch, liebe UX Community um eine Kleinigkeit bitten: Redet mit Menschen außerhalb unserer Community darüber was ihr tut. Ich tue das so oft als möglich.
Erzählt euren Freunden, Bekannten, Partnern, Nachbarn … Geschichten über euren Arbeitsalltag. Redet wann immer möglich darüber was ihr tut, woran ihr arbeitet, wie ihr arbeitet und was eure Arbeit bewirkt. Auf diese Weise werdet ihr unsere Branche noch größer machen. Und das tut allen gut. Denn da draußen, außerhalb unserer starken Gemeinschaft, gibt es noch sehr viele Unternehmen, die weder UX Professionals (w/m/d) angestellt haben noch User Research Dienstleister beauftragen.
Jene Unternehmen sind (noch) in der Überzahl!
Und ich finde auch sie sollten unbedingt wissen, dass es uns gibt. Auch sie sollten von unseren Kompetenzen und Fertigkeiten profitieren.
Und dazu müssen sie wissen, dass es uns gibt und was wir tun.
(Hinweis/Anmerkung: Dieser Beitrags ist in einer kürzeren Version zuerst
erschienen auf marktforschung.de in meiner Kolumne „Klarblick UX“).
Der Beitrag Der Kern von gutem UX Design war, ist und bleibt User Research! erschien zuerst auf Nutzerbrille.