Kategorie-Archiv: Unternehmer

Vom Projekt- zum Produktgeschäft – und warum du Digitalagenturen meiden solltest, die für jeden arbeiten!

Im Jahr 2007 schrieb ich einen folgenschweren Satz in mein Notizbuch:

Weg vom Projekt, hin zum Produkt.

Seit 1996 war ich im Projektgeschäft aktiv:

  • Anfrage, Ausgangspunkt: Briefing mit klaren Fragestellungen, Leistungsanforderungen, Zielen und zeitlichen Eckdaten.
  • Gefordert: Leistungs- und Lieferbeschreibung gemäß Leistungsanforderung, gut begründetes Konzept zur Vorgehensweise und Preisangaben.

Nach einem Auftrag, stets ein Moment großer Freude, galt es für mich und mein Team die im Briefing genannten Projektziele zu erreichen, in höchster Qualität gemäß Leistungsanforderung zu liefern. Fast immer gelang uns das. Fast jeder „Are-You-Happy Call“ am Projektende war angenehm.

Nachhaltiger Unternehmenserfolg als Digitalagentur – so auf Dauer nicht möglich!
Zum Glück erkannte ich das 2007, und vergas es seitdem nur selten.

Menschzentrierte Gestaltung ist kein Projekt – es ist ein unternehmerisches Versprechen!

Ein Human Centered Design Mindset und das damit verbundene Können sind notwendig aber keinesfalls hinreichend, wenn Digitalagenturen das Versprechen einlösen wollen Produkte, Teams und Unternehmen zum Erfolg zu führen.

Es ist nicht ausreichend, wenn unternehmerischer Haltung und unternehmerische Kompetenzen fehlen!

Viele Agenturen versprechen ihren Kunden:

  • Wir gestalten mit und für Menschen!“
  • Wir stellen Menschen in den Mittelpunkt!“.

Sie beobachten im Auftrag ihrer Kunden was deren Mitbewerber tun. Sie nutzen die Produkte und Services ihrer Auftraggeber, arbeiten Schwächen und Optimierungsthesen heraus.

Nachhaltiger Erfolg kann so nicht gesichert werden – weder für die Agentur noch für den Auftraggeber der Agentur.

Von der Pflicht zur Kür – und von der Kür zur Wirkung!

Es reicht nicht aus gut zu sein beim Analysieren von Anforderungen und Bedürfnissen, beim Erkennen unerfüllter Bedarfe, gut zu sein beim Testen von Produkten und Services, beim Aufzeigen von Optimierungsthesen, beim Gestalten von prototypischen Lösungen, die mit Nutzern getestet und danach angepasst werden.

Das ist die Pflichtleistung einer Digitalagentur.
Das schafft Werte, aber keine Differenzierung – und damit keinen nachhaltigen (Agentur-)Erfolg.

Die Kür …

  • (Markt-)Chancen und (Wettbewerbs-)Potentiale sehen, bevor die Auftraggeber das tun.
  • Erfolgspotentiale aufzeigen und gut begründen.
  • Geschäftsführende auf Kundenseite davon überzeugen aufgedeckte Chancen und Potentiale anzugehen.

Die Kür zuerst, dann die Pflicht!

Je öfter dies gelingt, je öfter Agenturen ihren Auftraggebern aufgezeigte Erfolgspotentiale erschließen, desto mehr Budget wird das Management auftun, desto mehr Aufmerksamkeit und Wertschätzung wird es auf Kundenseite (auch) im Top-Management geben.

„Mit einem menschzentrierten Gestaltungsansatz haben wir das Zeug Unternehmen zum Erfolg zu führen. Ein Versprechen, das man jeden Tag neu einlösen kann, wenn man sich für Produkte, Teams und Unternehmen, und nicht nur für Projekte verantwortlich fühlt!“

Digitalagenturen müssen ein unternehmerisch einlösbares Erfolgsversprechen bieten!

Ich fasse zusammen: Viele Digitalagenturen bekennen sich zu „Customer Centricity“ und „Human Centered Design“ – doch oft verbleiben sie in der Rolle der verlängerten Werkbank und hasten von einem Projekt zum nächsten.

Wirkliche Veränderung entsteht erst dann, wenn Gestalterinnen und Gestalter, Entwicklerinnen und Entwickler, wenn Managerinnen und Manager auf Agenturseite beginnen unternehmerisch zu denken, zu sprechen und zu handeln.

Wenn sie Verantwortung übernehmen für die Produkte, den Geschäftserfolg und Unternehmenswert ihrer Kunden.

Vom Projektmanager, zum Produktmanager, zum Mitunternehmer!

Auf Agenturseite braucht es dafür starke Persönlichkeiten mit umfangreichen Erfahrungen, strategischem Weitblick und der Fähigkeit Brücken zu bauen zwischen den Zielen der Geschäftsführung, Marketing, Technologie, Entwicklung und Design.

Es braucht Menschen …

  • die die Sprache des Managements sprechen und den Wert menschzentrierter Gestaltung übersetzen können in messbare Erfolgskennzahlen.
  • die Prioritäten aufzeigen, valide Entscheidungsgrundlagen bereitstellen und stets selbst eine Empfehlung abgeben.
  • die aufzeigen, wie Forschung Risiken reduziert, wie systematische Gestaltungsprozesse die Produktivität steigern, wie menschzentrierte Innovation Wettbewerbsvorteile schafft.

Es braucht Menschen …

  • die Unternehmen dabei helfen, wirklich menschzentriert zu arbeiten
    – nicht als Projekt, sondern als Haltung.
  • die das Geschäft ihrer Kunden verstehen und weiterentwickeln können
    – und das braucht Fokus statt Verzettelung!

„Schuster bleib bei deinen Leisten!“

Wenn eine Agentur für jeden arbeitet – für Unternehmen fast jeder Branche, für Konzerne, den (deutschen) Mittelstand, für jede Aufgabenstellung … -, wenn eine Agentur nur „Bauchladen“ ist und bietet, immer „hier“ schreit und stets alles anbietet, was angefragt wird, dann ist all das zuvor beschriebene nicht möglich.

„Agenturen, die keinen Fokus haben, die für alles und jeden anbieten, diese Agenturen wollen Projektgeschäft!“

Agenturen, die fokussiert sind und Anfragen auch einmal begründet ablehnen, machen deutlich, dass sie Kunden suchen mit denen sie partnerschaftlich an deren Produkt- und Unternehmenserfolg arbeiten können.
Agenturen, die diese Einstellung und diesen Anspruch haben fokussieren sich, denn nur so können sie für ihre Kunden unternehmerisch handeln, wahre Expertise bieten, deren Produkte zum Erfolg führen und die Zukunft ihrer Kunden erfolgreich (mit-)gestalten.

Menschzentrierte Gestaltung ist kein Projekt – sie ist ein unternehmerisches Versprechen …

… an Kunden, Mitarbeitende und an sich selbst.

Menschzentrierte Gestaltung erfordert Haltung, Verantwortung und Führung.

Wo auf Agenturseite Persönlichkeiten fehlen, die das (Handwerk-)Zeug und den Willen zum Unternehmertum haben, da entsteht eine Lücke – zwischen Anspruch und Umsetzung, zwischen Strategie und Realität.
Wo auf Agenturseite der Anspruch ist für jeden zu arbeiten, da fehlt die Fähigkeit und der Wille für Kunden wirklich und nachhaltig Unternehmenswerte zu schaffen.

Drum prüfe, bevor du dich an eine Agentur bindest, wer dort wie für wen arbeitet!

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User Researcher:innen haben das Zeug zum Unternehmer!

Unternehmerisch, gestaltend, visionär, strategisch denken und handeln:
Wer von Ihnen  ist Gestalter:in, Unternehmer, Unternehmerin, denkt strategisch, hat Visionen und formuliert sie? Wer von Ihnen arbeitet und handelt unternehmerisch und strategisch?

Es kommt drauf an! Worauf genau?
Vielleicht auf Ihre Rolle und Stellung im Unternehmen?
Das sollten Sie nicht zulassen.

Lassen Sie sich nicht in eine Ecke stellen, in die Sie nicht hingehören oder hingehören wollen. Bleiben Sie vielfältig und breit aufgestellt. Das gilt insbesondere für all jene, die die Rolle einer User Researchin, eines User Researchers inne haben.

Darf ich vermuten, dass viele von uns ….

  • UX Manager:innen, Journey Manager:innen“ UX Designer:innen, UX Architekt:innen, UX Engineers (w/m/d), UX Consutants (w/m/d), Produktinhaber:innen (POs) die Eigenschaften unternehmerisch, gestaltend, visionär, strategisch zuschreiben,
  • User Researcher:innen aber in der Regel nicht?

Wir alle haben das Zeug zum Unternehmer, zur Unternehmerin!

Wir sollten User Researcher:innen nicht pauschal als operativ handelnde Rolleninhaber:innen abgrenzen oder gar abstempeln.  Ich kenne keinen Grund, warum das so sein sollte: Warum User Researcher:innen nicht unternehmerisch, gestaltend, visionär, strategisch denken oder handeln sollten. Kennen Sie einen Grund?

Die richtigen Fragen stellen, die relevanten und dringlichen Themen im User Research angehen, Innovationen anstoßen, aus Daten zielführende, erfolgswirksame Maßnahmen und Entscheidungen ableiten, nicht einfach nur umsetzen was andere anfordern in Sachen „Forschung & Research“, stattdessen mitdenken, kritisch sein, gestalten, Fragen aufwerfen, Neue Wege aufzeigen, Zielvorgaben erreichen, geschäftliche Erfolge herbeiführen und darüber erzählen und berichten.

Ich kenne viele User Researcher:innen, die genau das täglich tun – und das ist gut so.

Wir haben so viele User Researcher:innen, die unternehmerisch denken und handeln – nur leider sprechen wir zu wenig mit und über sie!

Ohne User Research & UX Testing Wettbewerbsvorteile erzielen, geht das?

Wenn Märkte stagnieren, schrumpfen, sich konsolidieren, dann können Unternehmen ihren Wert halten und steigern, wenn sie aus  (Neu-)Kundensicht und im Vergleich zum Wettbewerb relevantere und bedeutsamere Vorteile bieten. Wenn sie:

Die richtigen Dinge gestalten – und diese richtig gut gestalten!

Produktinhaber:innen („Product Owner“) verantworten beides:

  1. Die richtigen Dinge gestalten.
  2. Die Dinge richtig gut gestalten.

Produktinhaber:innen sind insbesondere in schrumpfenden, stagnierenden Märkten gefordert beides bestmöglich und zugleich auf effiziente Art und Weise sicherzustellen.

Worauf kommt es in solchen Situationen an?

Auf unfassbar viel. Insbesondere auf Schnelligkeit im Handeln, einen Fokus auf das Wesentliche und im Ergebnis auf richtig gute Entscheidungen!

Alle im Team müssen nun jene Dinge tun, jene Aufgaben in den Fokus stellen, die sie richtig gut erledigen können und wollen.  Und alle müssen unternehmerisch denken und handeln. Das gilt für alle Teamrollen:

  • Die/den PO selbst,
  • Entwickler:innen,
  • Marktforscher:innen („Business Analysten“),
  • User Researcher:innen
  • UX Designer:innen.

Was bedeuten derartige Marktsituationen für UX Designer:innen? 

Ich fürchte jene Rolleninhaber:innen werden ihren Fokus auf UI Development / UI Design legen (müssen). Sie werden intensiver und direkter mit Entwickler:innen zusammen arbeiten. Das ist im Grundsatz ja nicht schlecht, diese enge Zusammenarbeitet, insbesondere dann, wenn die/der Rolleninhaber:in kompetent und genrealistisch aufgestellt ist.

Was wird in den Hintergrund treten?

Ich fürchte UX Testing und User Research werden „eingespart“: Weniger Zeit und Geld für die Analyse von Anforderungen und Bedürfnissen von Nutzenden und Kunden. Früh und oft testen – das wird weniger oft stattfinden, vielleicht ganz entfallen. Stattdessen werden immer mehr User Researcher:innen „Forschen am Schreibtisch“ betreiben (müssen). „Sekundäranalysen“ werden primärer, empirischer Forschung vorgezogen – jedenfalls dann, wenn wir das zulassen … .

Wenn Sie als User Researcher:innen es zulassen, dass Budget-Entscheidungen von Menschen getroffen werden, die den Wert und positiven Effekt von UX Testing und User Research auf den ROI ihres Unternehmens nicht kennen, weil Sie ihnen jenen nicht verdeutlicht haben!

Lassen Sie das nicht zu. Liebe User Researcher:innen, laßt das nicht zu:
Ihr alle habt das Zeug das zu verhindern.

User Reseacher:innen müssen unternehmerisch denken und handeln, müssen unternehmerisch auftreten, um ihre strategisch so relevante Rolle in Unternehmen zu finden oder zu halten!

Ohne UX Testing und User Research keine Wettbewerbsvorteile!

Kommen wir zurück zu dem, was von Produktinhaber:innen in wettbewerbsintensiven Märkten und Situationen erwartet wird: Die richtigen Dinge gestalten – diese Dinge richtig gut gestalten!

Ich frage mich, ich frage Sie: Wie soll das funktionieren, wenn UX Testing und User Research in den Hintergrund treten? Wenn Anforderungsanalysen und Tests eingespart werden? Wenn Sekundärforschung, wenn das „Forschen am Schreibtisch“ eigene Studien und Tests ersetzt?

Es geht einfach nicht!

Will man die richtige Entscheidungen gut treffen – und das muss man, will man die richtigen Dinge gut tun – und auch das muss man, dann braucht es Erkenntnisse auf der Basis von qualitativ hochwertigen Daten.

Wie werden aus Zahlen und Fakten Erkenntnisse für gute Entscheidungen?

Es braucht Daten (Zahlen & Fakten) aus einer Studie („primäre“ Datenerhebung), die das Erkenntnisinteresse (Untersuchungsfragestellung(en)) objektiv, zuverlässig und valide erfüllt.

Zeitdruck, Erkenntnisdruck und zugleich die Notwendigkeit Geld zu sparen!

Unter solchen Rahmenbedingungen wird „Forschen am Schreibtisch“ – Desk-Research, Sekundärforschung – nun einmal angesagt(er), wird empirischer Primärforschung öfter vorgezogen.

Normal, aber auch „gut so“?  

Forschen am Schreibtisch basiert meistens auf …

  • Daten aus eigenen, bereits durchgeführten (Primär-)Forschungen
  • Datenbanken – eigenen und eingekauften (z.B. Statistisches Bundesamt, Statista)
  • Daten, auffindbar beim Suchen im „World Wide Web“ (Internet).

Einfach mal machen – auch wenn’s nur zweite Wahl ist?

Beim Forschen am Schreibtisch werden vorhandene Zahlen und Fakten herangezogen, um Fragestellungen zu beantworten, die das Erhebungs- und Auswertungsdesign der Studien hinter den Daten nicht bestimmten.

Klingt kompliziert – das mit der Sekündarforschung?

Ja, ist es auch. Es braucht eine systematische, durchdachte Recherche-Strategie, jede Menge Erfahrung, darunter auch viel schmerzhafte, gezahltes Lehrgeld, aber selbst dann ist Sekundärforschung noch immer mit viel Unsicherheit behaftet, da …

  • keine auf die Fragestellung(en) zugeschnittene Datenerhebung erfolgte, was bedeutet: wenig Aussagekraft, viel Interpretationsspielraum.
  • oft keine tiefen Einblicke in das Erhebungs- und Auswertungsdesign der Studien gewährt werden, so dass die Qualität (Objektivität, Zuverlässigkeit, Gültigkeit) und Aktualität der genutzten Daten bzw. Studien hinter den Daten nicht immer bewertet werden kann.

Aber hey, ist denn die Arbeit mit ChatGPT & Co. nicht auch Sekundärforschung?

Im Prinzip schon. Aber deutlich einfacher und bequemer, unterstützender und kollegial mitdenkend, in der gewonnenen „Weitsichtigkeit“ deutlich weiter, tiefer und breiter, damit sicherer, aber auch mit generativer KI/AI Unterstützung gilt:

Forschen am Schreibtisch sollten Sie nur einsetzen, um …

  • Forschungsbedarfe und Forschungslücken zu erkennen,
  • Hypothesen zu entwickeln und darauf aufbauend
  • effiziente Primärforschung zu konzipieren.

Mit viel Sicherheit, dass Sie erforschen, wozu es noch keine Daten gibt und dass Sie beim Konzipieren Ihrer Studie(n) darauf aufbauen, was es an Erkenntnissen schon gibt.

Unternehmer, Stratege, Umsetzer (w/m/d): User Researcher:innen sind vielfältig!

Portraitfoto Thorsten Wilhelm

Thorsten Wilhelm

Liebe User Researcher:innen, lasst euch nicht in eine Ecke drängen. Und falls schon geschehen: Kommt da raus. Raus aus Ecken, in die ihr nicht hingehört, die euch abstempeln mit stereotypischen Eigenschaften, die ihr nicht wollt, die euch „unter Wert“ darstellen!

  1. Ihr werdet gebraucht, operativ handelnd und strategisch denkend.
  2. Ihr werdet gebraucht als Umsetzer:innen und  Gestalter:innen, Unternehmer:innen.

Als User Researcher:innen haben Sie, habt ihr eine Rolle, in der ihr unternehmerisch und strategisch handeln könnt – und ihr solltet das auch tun. Ihr habt das Zeug zur Unternehmerin, zum Unternehmer. Setzt es ein, insbesondere in Zeiten, in denen der Wettbewerb im Markt intensiv ist.

Und lassen Sie sich als User Researcher:in unter diesen Rahmenbedingungen nicht zu „Forscher:innen am Schreibtisch“ abdrängen. Auch nicht von neuen Technologien.

Forschen Sie gern weiter mit ChatGPT, YOU, Consensus, SciSpace & Co. „vor- und nachrangig“, aber bleiben Sie stets offen für eigene, empirische Studien und zeigen Sie diese begründet an, wenn sie Ihnen nötig erscheinen. Sie werden gehört werden, insbesondere dann, wenn Sie unternehmerisch denken, handeln, argumentiert, wenn Sie die Sprache einer/eines Unternehmer:in wählen.

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