„Darüber müssen wir mal gemeinsam mit allen diskutieren.“ So einen Satz hören wir häufiger von Auftraggebern im Rahmen von Vorgesprächen. Angesichts der Fülle an Themen, die mal mit allen diskutiert, behandelt und entschieden werden sollten, gehen dann bei uns schnell die Alarmglocken an. Eine unserer Grundüberzeugungen bei der Arbeit mit Gruppen besteht darin, möglichst wenig Zeit mit unproduktiven Plenardiskussionen zu verbringen und lieber Ideen und Vorschläge in kleinen Gruppen vordenken zu lassen. Trotzdem kommen auch wir nicht an der Diskussion mit allen vorbei. In diesem Artikel möchte ich mit dem Gallery-Walk und der Poster-Session zwei schöne Wege vorstellen, wie wir Diskussionen im Rahmen von Rückpräsentationen kleiner Gruppen anders strukturieren.
Methode 1: Gallery Walk
Ein Gallery Walk ist quasi eine aktivere Form der regulären Rückpräsentation in großer Runde. D.h. es gibt eine Reihe von Gruppen, die die Resultate ihrer Arbeit nacheinander vorstellen und die dann andiskutiert werden. Im Gegensatz zu normalen Diskussionen kommt nicht eine Gruppe nach der anderen nach vorne, während alle anderen immer tiefer in die Seminarraumstühle rutschen. Stattdessen wandert die gesamte Gruppe von einer Station zur nächsten. Allein diese kleine Aktivierung hat schöne Effekte. So bleibt das Energie-Niveau der Gruppe höher und die Diskussionen tendenziell kürzer, weil ja alle stehen und gleich zum nächsten Poster weitergehen wollen. Damit ein Gallery Walk funktioniert, sollte der Raum so groß sein, dass die Gruppen in dem Raum arbeiten können. Natürlich kannst Du auch mit der ganzen Truppe in alle Break-Out-Räume ziehen, aber das würde ich nur machen, wenn die Gruppen auch physisch gearbeitet haben und gemeinsam etwas gebaut oder gebastelt haben.
Methode 2: Poster-Session
Eine Poster-Session ist ein Standardformat auf wissenschaftlichen Konferenzen und aktuell meine Lieblingsalternative zur klassischen Rückpräsentation. Läuft bei einer Rückpräsentation oder auch bei einem Gallery Walk die Präsentation plus Diskussion linear ab, so werden die Rückpräsentationen bei einer Poster-Session parallel getaktet und über eine bestimmte Anzahl von Runden wiederholt. Die Poster-Session ist ähnlich wie das von Dirk beschriebene Zirkeltraining – nur halt für die Rückpräsentationen.
Kleingruppenarbeit vor der Poster-Session
Wenn z.B. insgesamt 20 Teilnehmer in fünf Gruppen parallel gearbeitet haben, gibt es fünf Ergebnis-Poster, die gleichzeitig vorgestellt und diskutiert werden. Jede Kleingruppe von 4 Personen einigt sich auf eine Person, die die Ergebnisse vorstellt und Feedback aufnimmt. Unterdessen teilen sich die restlichen 15 Personen auf die übrigen vier Kleingruppen auf, lassen sich die Ergebnisse der anderen Gruppen vorstellen und diskutieren diese. Um die Diskussion nach der Rückpräsentation gut zu strukturieren und die Ergebnisse festzuhalten, helfen Dir vielleicht diese Tipps von Dirk.
Poster-Session Runde 1
Nach 5-10 Minuten Präsentation und Diskussion wird eine neue Runde eingeleitet: die Teilnehmer wandern an ein anderes Poster und der Präsentator stellt es erneut vor. In der nächste Runde wiederholt sich das Prozedere mit neuen Teilnehmern an den jeweiligen Postern. Das kannst Du solange wiederholen bis alle Teilnehmer alle Poster durchlaufen haben. Oder Du entscheidest Dich gezielt für eine niedrigere Zahl an Sessions. Das solltest Du den Teilnehmern aber vorab mitteilen, so dass diese sich entscheiden können, welche Poster sie hören und welche sie auslassen wollen.
Poster-Session Runde 2
Die Vorteile von Poster-Sessions
- Ergebnisse können in kleinen Gruppen diskutiert werden: Im Verhältnis zur Plenarrunde können mehr Teilnehmer ihr Feedback einbringen.
- Ergebnisse werden mehrfach präsentiert und diskutiert. Durch die Wiederholungen und das Feedback gewinnt der Präsentator zusätzliche Tiefe in den Ergebnissen.
- Poster-Sessions sind kürzer als Rückpräsentationen. Nicht alle müssen alles hören. Die maximale Zahl der Runden ist die Zahl der Kleingruppen minus 1. Im Vergleich zur plenaren Rückpräsentation sparst Du in jedem Fall die Zeit eines Vortrags. Du kannst Dich aber auch grundsätzlich entscheiden, weniger Runden durchzuführen. Bei fünf Kleingruppen reichen z.B. drei Runden. D.h. die Teilnehmer verpassen die Arbeit einer Kleingruppe. Du sparst Dir also zwei Rückpräsentationen. Das ist für mich auch ein häufiger Grund für eine Poster-Session.
- Poster-Sessions funktionieren auch mit vielen: Auch große Gruppen mit vielen Kleingruppen können jenseits frontaler Präsentationen gut in den gemeinsamen Austausch gebracht werden.
- Poster-Sessions haben eine hohe Dynamik. Durch die gezielte Auswahl von Präsentationen, die physische Bewegung von Präsentation zu Präsentation sowie durch die Gleichzeitigkeit der Präsentationen sind Teilnehmer viel fokussierter und das Energielevel der gesamten Gruppe ist deutlich höher.
Die Nachteile von Poster-Sessions
- Der Präsentator kennt nur seine eigene Präsentation: Ein Präsentator muss jeweils bei den Gruppenergebnissen bleiben und kann nicht die Ergebnisse der anderen mitdiskutieren. Dafür gewinnt er über die Wiederholungen und das Feedback der anderen Fachexpertenstatus und es ist daher nicht unattraktiv, die Rolle des Präsentators zu übernehmen.
- Es gibt keine Gesamtgruppenmeinung. Es fehlt ein gemeinsamer Abstimmungsprozess und Du kannst als Moderator auf Basis der Poster-Session keine Entscheidungen herbeiführen.
- Poster-Sessions sind schwierig einzuführen: Es ist anfangs verhältnismäßig schwierig, Teilnehmern das Vorgehen zu vermitteln und den ersten Wechsel zu moderieren.
Varianten der Poster-Session
Bei der Arbeit mit Poster-Sessions solltest Du Dir überlegen, wie die Teilnehmer sich auf die anderen Gruppen aufteilen. So kannst Du die Gruppen gemeinsam zu einem anderen Poster gehen lassen. Dann empfiehlt es sich z.B. im Uhrzeigersinn zu rotieren. Oder Du lässt allen Teilnehmern die freie Wahl, wer wann zu welchem anderen Poster geht. Dann solltest Du als Moderator darauf achten, dass nicht ein Poster un- oder unterbesetzt ist. Oder Du briefst die Teilnehmer von Kleingruppen darauf, dass sie sich so aufteilen, dass nie mehr als eine Person aus der Kleingruppe beim gleichen Poster steht.
Fazit
Der Gallery Walk und die Poster-Session sind zwei schöne Alternativen zur Diskussion von Themen in der ganzen Gruppe. Ganz werden auch wir nicht auf die großen Gesprächsrunden verzichten können.
Nutzt Du andere Alternativen zur plenaren Rückpräsentation? Dann hinterlasse doch einen Kommentar. Und vielleicht ist sie ja auch etwas für einen Gastbeitrag…
Der Beitrag Gallery-Walks und Poster-Sessions statt zermürbender Plenardiskussionen erschien zuerst auf Komfortzonen.